Fazit
Im neuen österreichischen Erbrecht haben die Eltern sowie weitere Seitenverwandte des
Verstorbenen keinen Pflichtteilsanspruch mehr, dafür wurde das Ehegattenerbrecht gestärkt.
Die Regelung verhindert einen Pflichtteilsanspruch sowohl gegenüber den Eltern als auch
gegenüber den Geschwistern des Verstorbenen.
Der liechtensteinische Gesetzgeber räumt den Aszendenten des Verstorbenen eine Pflicht-
teilsquote in Höhe von der Hälfte eines Drittels des gesetzlichen Erbrechts ein. Hierbei handelt
es sich um eine sehr niedrige Quote, die aber in gewissen Fällen auch einiges an Vermögen
mit sich bringen kann.
Eine Problematik der österreichischen Bestimmung kann sich bei sog. Patchwork-Familien
darstellen, indem das gesamte Vermögen auf den Ehegatten bzw. eingetragenen Partner
übergeht und dieser im Falle seines Ablebens das Vermögen auf seine Kinder überträgt. Hier
geht das gesamte Vermögen auf jene Kinder über, mit denen der ursprüngliche Erblasser gar
nicht verwandt war.
Meines Erachtens ist es dennoch sinnvoll, den Aszendenten keinen Pflichtteilsanspruch mehr
einzuräumen. Ich folge hier der Meinung des Gesetzgebers, dass die Eltern meist
wohlhabender als ihre Kinder sind und ein Erbrecht der Eltern sich nicht nur als Rarität, son-
dern auch als überflüssig erweist.
Ein Pflichtteilsrecht ist meiner Ansicht nach für die nächsten Verwandten, also die Kinder und
Ehegatten bzw. die eingetragenen Partner sinnvoll. Ich bevorzuge es, der eigenen (neuen)
Familie des Verstorbenen einen Vorrang gegenüber den Aszendenten einzuräumen. Wenn
der Erblasser dennoch seine Geschwister bzw. Eltern beerben will, so hat er hier immer noch
die Alternative zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung.
Das wichtigste Argument für die Beschränkung des Pflichtteilsrechts spiegelt sich in der
Erhöhung der Testierfreiheit des Erblassers. Hierbei handelt es sich um eines der wichtigsten
Prinzipien im Erbrecht, nur schon aufgrund dessen erscheint es als gerechter, das
Pflichtteilsrecht der Aszendenten zu beseitigen.
Ich bevorzuge die österreichische Bestimmung, da diese die Testierfreiheit fördert, und richte
somit einen Appell an den liechtensteinischen Gesetzgeber, diese Bestimmung im Zuge der
nächsten Revision zu rezipieren.
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