Volltext: Wer Bescheid weiss, ist bescheiden

Zwischen Kunstkritik und kritischer Kunst 
war derart emotionalisiert, dass alles zu viel war», sagt Mathias Ospelt, 
der findet, dass die Verfassungsdiskussion viel zerstört hat. Nicht nur, 
weil sich das LiGa anhören musste, dass es zu weit gegangen war, son- 
dern weil Freundschaften beendet wurden und eine kaum heilen wol- 
lende Wunde in Liechtensteins Staatsgeflecht gerissen wurde.!° 
Geradezu revolutionär in Sachen Kritik war das «Kabarett Kak- 
tus», das erste politische Kabarett Liechtensteins. Endlich sagte jemand 
die Wahrheit — keine Selbstverständlichkeit Mitte der 1960er-Jahre. 
«Befreiend» sei es gewesen, erinnert sich Hansrudi Sele an die ersten 
Auftritte. Endlich habe jemand gesagt, wie es wirklich war. Endlich habe 
sich jemand getraut zu kritisieren, was sonst nur hinter vorgehaltener 
Hand passierte. «Wir haben nicht lange über die Konsequenzen nachge- 
dacht», gesteht Sele. «Wir haben drauflos gespielt. Wir machten, was wir 
machen wollten.» 
Angeeckt? Keine Frage. Bereits das erste Programm, das am 
18. April 1964 Premiere feierte, sorgte für Aufregung. Der harmlos 
scheinende Satz «In Vaduz herrschen strube Zeiten» hätte das Projekt 
Kabarett fast beendet, zu sehr war der Vaduzer Bürgermeister Strub 
erbost. «Es gab Versuche, uns einzuschüchtern. Einmal wurde uns sogar 
mit rechtlichen Schritten gedroht, weil wir über einen <Nazi-, Nazi-, 
Nationalheldem> gesungen haben. Aber nichts ist passiert», sagte Hans- 
rudi Sele anlässlich des 50-Jahr-Bühnenjubiläums.!! 
Der Fürst selbst gab in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag 
2015 zu, dass er offen sei für Kritik. Ja, er schätze kritische Auseinan- 
dersetzungen. Ob man denn wagt, Kritik gegen das Staatsoberhaupt zu 
äussern, steht auf einem anderen Blatt. Der Kritiker muss sich wohl ein- 
fach der möglichen Konsequenzen bewusst sein. 
Ein Tierli im Kulturgehölz redet Tacheles 
Als das Vaduzer Medienhaus im Oktober 2005 die Kulturzeitung «KuL>» 
auf den Markt brachte, war eine kritische Berichterstattung Teil des 
Konzepts. Es sollte nicht nur Schönwetter-Kultur betrieben, nicht nur 
10  Köpfli, «Es macht Spass ...», KuL, 30. März 2014. 
11 Köpfli, Kaktus, KuL, 30. März 2014. 
93
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.