Dagmar Streckel
Block — Balken —- Buchstabe
Zwischen 1989 und 1998 entsteht eine zweite Gruppe von «Buchstaben-
würfeln» (E, H, K, T, L,S, R, P, C, F, B, Q etc.), neu mit Binnenräumen,
die Durchblicke freigeben. Die Balkenkonstruktion löst den massiven
Würfel ab. Auch diese Werkgruppe entsteht in kleinen!? und grossen
Formaten für den Innen- und den Aussenraum.
Malin schafft offene, tektonische Würfel-Konstruktionen aus Vier-
kantbalken in poliertem Chromnickelstahl als Modul, die er in 90-Grad-
und 45-Grad-Winkeln verbindet. So entstehen Buchstaben, die sich der
grafischen Qualität von Runen!* nähern, den germanischen Laut- und
Begriffszeichen, die auch als Zahlen verwendet und als magische Zeichen
betrachtet wurden. Rune bedeutet «Geheimnis». Mehrere Bedeutungen
treffen im selben Runenzeichen zusammen. Über die mit dem jeweiligen
Buchstaben und seiner besonderen Form assoziierbaren Konnotationen
öffnet sich für Malin wieder ein weiter Bedeutungsraum. Da die Runen-
schrift nicht der alltäglichen Verständigung, sondern kultischen Zwe-
cken diente, erfährt die S$ymbolform des Würfels durch die Verbindung
mit den runenähnlichen und zeichenhaften Buchstaben wieder eine
enorme Bedeutungspotenzierung.
13 In einer Edition von je fünf Exemplaren.
14 Runen wurden auch auf Buchenholzstäbe geritzt, wovon sich das deutsche Wort
«Buchstabe» für die Lautzeichen des Alphabets ableitet.
L-Würfel, 1991 | S-Würfel, 1994
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