Georges Baur
oder der Grafik haben die Künstler oder Künstlerinnen dementspre-
chend das ausschliessliche Recht, zu bestimmen, «ob, wann und wie das
Werk geändert werden darf».
Die zweite Frage ist jene nach der Erschöpfung, das heisst, ob die
Rechte mit dem Verkauf durch den Künstler oder die Künstlerin erlö-
schen und somit der Künstler oder die Künstlerin kein Recht mehr
darauf hat, über die Verwendung seines/ihres Werkes zu bestimmen.
Die Rechte des Künstlers oder der Künstlerin gehen mit dem Verkauf
nur bezüglich der Weiterverbreitung des gekauften Werkexemplars ver-
loren. Wer also z.B. ein Bild kauft, darf es ohne die Zustimmung des
Malers oder der Malerin weiterverkaufen oder verschenken. Die
Erschöpfung erstreckt sich aber nicht auf das Recht der Bearbeitung
oder Änderung des Kunstwerks. Das bedeutet, dass dem Erwerber oder
der Erwerberin beispielsweise rechtlich weiterhin verwehrt ist, das Werk
zu ändern, etwa indem Andy Warhols Mao-Porträt eine rosa Federboa
beigefügt und es in der Öffentlichkeit als Original des Urhebers ausge-
geben wird.
Beim Recht des Künstlers oder der Künstlerin, ausschliesslich über
die Werkintegrität zu bestimmen, kommt es auf den Umfang und das
Ausmass der Änderungen nicht an.** Wenn Werke beispielsweise erkenn-
bar ortsbezogen bestellt und geschaffen wurden, dürfen sie nicht einfach
in ihrem Kontext verändert oder gar daraus herausgerissen werden. Es
handelt sich in solchen Fällen nämlich um eine (unzulässige) Änderung,
unter Umständen sogar um eine Entstellung des Werkes selbst.”
Von Praktikern und Praktikerinnen, die mit einschlägigen Fällen
befasst waren?°, wird deshalb folgendes Vorgehen vorgeschlagen:
Zunächst sei bei Skulpturen und Wandarbeiten im öffentlichen Raum zu
33 Art. 12 Abs. 1 lit. a URG.
34 Denis Barrelet/Willi Egloff, Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, Rz. 5 zu Art. 11
chURG.
35 Bruno Glaus, Eigentumsfreiheit vs. Urheberrecht, www.glaus.com/bilderpdf/8kun
st/wem_gehoert_kunst.html, besucht am 3.6.2016.
36 Gilaus (Fn. 35) nennt das Beispiel «Mocmoc» in Romanshorn, welches für heftige
Diskussionen sorgte (siehe dazu www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/zehn-jahre-
mocmoc-in-romanshorn, besucht am 3.6.2016), aber auch Richard Serras «Tilted
Arc» in New York (siehe dazu https://en.wikipedia.org/wiki/Tilted_Arc, besucht
am 3.6.2016).
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