Kunstschaffen und der Schutz des geistigen Eigentums
Besonderheit zudem eine Kombination aus Werk und Raum vor, das
heisst, das Werk besteht nicht nur aus einem einzelnen Bild oder einer
Skulptur, das Kunstwerk bezieht auch seine Umgebung mit ein und das
«imaginäre Bild»? des Künstlers besteht dann eben aus der Einheit von
Werk und Raum. Damit kollidieren in verstärktem Masse die Interessen
des Künstlers oder der Künstlerin an der Unversehrtheit seines/ihres
Werkes bzw. an der Werkeinheit mit jenen des Eigentümers oder der
Eigentümerin des Raums, in welchem sich das Werk befindet. Aus die-
sem Grund ist auch die Rechtslage kompliziert. Natürlich sieht das
Urheberrechtsgesetz einen Schutz des Werkes vor Veränderung, Zerstö-
rung und dergleichen vor.”° Doch kann es natürlich ebenso schützens-
werte Interessen des Raumeigentümers oder der Raumeigentümerin
geben, welche dem Schutz des Werkes vorgehen. Dem Urheberrechts-
schutz des Künstlers oder der Künstlerin steht namentlich die Eigen-
tumsfreiheit des Eigentümers oder der Eigentümerin gegenüber. Es
kommt also bei Sachlagen wie denjenigen in Vaduz und Schaan zwin-
gend zu einer Güterabwägung zwischen dem Recht des Eigentümers
oder der Eigentümerin, über das Kunstwerk zu verfügen, und dem
Recht des Urhebers oder der Urheberin, sein/ihr Werk unverändert
bzw. unversehrt zu sehen. Nicht zufälligerweise ist deshalb die zu dieser
Frage ergangene Rechtspraxis so zahlreich wie unterschiedlich.
Die erste Frage, die sich bei der Güterabwägung stellt, ist jene nach
der Werkkategorie: Handelt es sich bei Kunstwerken im öffentlichen
Raum und Kunst am Bau um Werke der Baukunst? Letzteren käme
nämlich ein weniger weit gehendes Recht zur Abwehr von Werkeingrif-
fen zu; solange Ehre und Ruf des Werkschöpfers oder der Werkschöpfe-
rin nicht verletzt sind, z.B. durch Entstellung, dürfen ausgeführte Werke
der Baukunst vom Eigentümer oder der Eigentümerin geändert wer-
den.” Nach überwiegender Ansicht sind die hier infrage stehenden
Werke aber nicht solche Werke der Baukunst, sondern Werke der bil-
denden Kunst.” Wie bei anderen Werken der Malerei, der Bildhauerei
29 Kohler (Fn. 7), S. 37.
30 Art. 12 URG.
31 Art. 12 Abs. 4 URG.
32 Werner Stauffacher, Kunst und Bau — die Mühen mit dem Urheberrecht, in: Schwei-
zer Kunst 1/2004, $. 27.
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