Volltext: Wer Bescheid weiss, ist bescheiden

Dagmar Streckel 
chischen Antike, nach deren Vier-Elemente-Lehre alles Sein aus vier 
Grundelementen besteht. Dabei sind ihm die fünf Platonischen Körper 
ein Begriff. 
«[...] So gehen die kosmologischen Spekulationen in Platos Timäus 
über die kleinsten Teile der Welt von der Annahme aus, dass ein leerer 
Raum nicht existiert. Die uns bekannte Welt ist ein Gebilde von dicht 
gefügten atom-artigen festen Körpern und jedes der vier Elemente ent- 
spricht einem der fünf regelmässigen Körper [...]. Als Gott das Univer- 
sum aus dem Chaos schuf, begann er damit [so Platon, d. A.], <ihnen 
zuerst zur Unterscheidung Gestalt durch Form und Zahl zu geben. Die 
in allen Einzelheiten beschriebenen Vorgänge sind die eines Muster- 
Machers, dessen Urformen Dreiecke sind. Aus diesen machte Gott den 
Würfel für Erde, das Tetraeder oder die Pyramide für Feuer, das Okta- 
eder für Luft und das Ikosaeder für Wasser, und sparte das letzte, das 
Dodekaeder, auf für das Universum, zu seiner Zierde». Wir glauben 
nicht mehr, dass die Elemente aus regelmässigen, standardisierten For- 
men bestehen [...]»°. Platons Vorstellung, der Würfel sei als atomare 
Grundform das Sinnbild der Erde, wird Malin vertraut gewesen sein. 
Nicht nur für Platon ist die Welt nach Gestalt, Form und Zahl 
geordnet. Auch nach biblischer Vorstellung hat Gott die Welt nach Mass, 
Zahl und Gewicht geordnet, liegt der Erschaffung der Welt also eine 
exakte Systematisierung zugrunde, die von Zahlenverhältnissen 
bestimmt wird. Im Alten und im Neuen Testament kommt der Zahl 4 
eine symbolische und eine die Welt konstituierende Bedeutung zu 
(4 Ursünden, 4 Kardinaltugenden, 4 hebräische Erzmütter, 4 Evangelien, 
aber auch 4 Elemente, 4 Himmelsrichtungen, 4 Jahreszeiten etc.). 
Malins erste Gruppe massiver «Buchstabenwürfel» basiert auf der 
symbolisch-mystischen Bedeutung der Zahl 4 ebenso wie auf den tekto- 
nisch-bildhauerischen Qualitäten des Kubus, dessen Länge, Breite und 
Höhe gleich sind. Mit der Wahl des Würfels stellt er auch den Bezug zur 
neutestamentlichen Vision des Himmlischen Jerusalem her, wie es in der 
Offenbarung des Johannes geschildert wird. Dort offenbart sich die himm- 
lische Stadt Jerusalem aus Jaspis und Gold in der Gestalt eines Würfels 
(«Länge, Breite und Höhe sind bei ihr gleich», Offenbarung 21, 15-16). 
  
9 Ernst H. Gombrich. Ornament und Kunst. Schmucktrieb und Ordnungssinn in der 
Psychologie des dekorativen Schaffens, Stuttgart 1982, S. 79. 
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