Herbert Wille
ein stärkeres Engagement der Öffentlichkeit. Diesem Anliegen ver-
schrieb sich auch das Denkmalschutzgesetz vom 14. Juni 1977, das eine
umfassende Neuordnung darstellt und das lückenhafte und veraltete
Denkmalschutzgesetz vom 28. Januar 1944 (DSchG)* ablöst. Der Denk-
malschutz steht unbestrittenermassen in der Kulturverantwortung des
Staates.” Der Schutz und die Erhaltung von Denkmälern gehören
wesentlich zur Identität einer Bevölkerung. Das bisherige Denkmal-
schutzgesetz entstand auf Initiative des Historischen Vereins für das
Fürstentum Liechtenstein.“ Es vermochte den «Zielvorstellungen eines
modernen Denkmalschutzgesetzes» nicht mehr zu genügen. Seine «zen-
tralen Bestimmungen» entsprachen sowohl in materiell- als auch in for-
mellrechtlicher Hinsicht nicht mehr den «neuen Verhältnissen». So blieb
es beispielsweise auf das Einzelobjekt ausgerichtet und sparte bauliche
Gesamtheiten — sogenannte Ensembles — aus, die damals im Fokus stan-
den.’ Es stellte zwar alle Denkmäler von Gesetzes wegen unter Schutz,®
konzentrierte sich dabei aber in erster Linie auf Denkmäler, die im
«öffentlichen Eigentume» standen. Es drängte sich aus diesen Gründen
eine Totalrevision auf, die dementsprechend auch angestrebt wurde.'°
LtProt. 1976, Bd. I, S. 19 bzw. S. 21 (Abg. Dr. Franz Beck und Josef Frommelt in
der öffentlichen Landtagssitzung vom 8. April 1976).
4 LGBl. 1944 Nr. 4.
5 So die Landtagsdebatte; siehe auch BuA vom 26. Januar 2016, Nr. 6/2016 (wie
Fn. 2), S. 6, 12, 18 und 36. Art. 14 IV erklärt die Förderung der gesamten Volks-
wohlfahrt zur obersten Aufgabe des Staates. Zum öffentlichen Interesse zählt alles,
«was der Staat in Erfüllung einer ihm übertragenen Aufgabe zum Wohl der Ge-
meinschaft unternehmen muss». Vgl. Andrea F. G. Rascher, Wann ist ein Interesse
in der Denkmalpflege ein öffentliches, was bedeutet Verhältnismässigkeit und wie
spielen Gutachten hinein?, in: Bernhard Ehrenzeller (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen
der Denkmalpflege, St. Gallen 2004, S. 47.
6 So Cornelia Herrmann, Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, Neue
Ausgabe II, Das Oberland, Bern 2007, S. 20. Erwin Poeschel, Die Kunstdenkmäler
des Fürstentums Liechtenstein, Basel 1950, würdigt in seinem Vorwort die rege pu-
blizistische Tätigkeit des Historischen Vereins.
7 Vgl. BuA der Regierung vom 4. Dezember 1975 (wie Fn. 3), S. 1. Georg Malin nennt
in der Landtagsdebatte vom 8. April 1976, LtProt. 1976 Bd. I, S. 33, den Schutz des
Bauensembles als ein «Resultat jahrzehntelangen Bemühens des europäischen
Denkmalschutzes».
8 Vgl. Art. 1 und Art. 6 Abs. 2 DSchG 1944.
9 Vgl. Art. 4 Abs. 3 DSchG 1944.
10 Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, wie Cornelia Herrmann, Die Kunstdenkmä-
ler des Fürstentums Liechtenstein (wie Fn. 6), S. 20, in der Einführung vermerkt,
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