Der Historische Verein für das Fürstentum Liechtenstein
Die Überarbeitung von Kaisers Werk durch Johann Baptist Büchel war
deshalb umstritten, weil Büchel obrigkeitskritische Passagen von Peter
Kaiser zum Teil löschte oder sprachlich glättete. Ein Beispiel: Peter Kai-
ser betrachtete den 1808 von Fürst Johann I. neu eingesetzten Landvogt
Josef Schuppler kritisch: «Dieser in seiner Art eben so thätige, als eigen-
mächtig vorgreifende Mann bezog im Herbst 1808 als ein zweiter Harp-
recht [sic] seinen Posten» (Kaiser, S. 500). Diese Passage etwa fehlt in
Büchels Neubearbeitung von 1923. Stephan Christoph Harpprecht von
Harpprechtstein war Rechtsberater des Fürsten Anton Florian gewesen
und hatte 1719 im neu geschaffenen Fürstentum Liechtenstein gewalt-
sam Reformen im Sinne des Absolutismus durchgesetzt. Er hatte dabei
die Landammann-Verfassung inklusive der damit verbundenen Mitbe-
stimmungsrechte des Volkes ausser Kraft gesetzt. Auch Schuppler war
umstritten, da er im Auftrag des Fürsten 1809 eine Umgestaltung der
politischen Verhältnisse in Liechtenstein erzwang. Peter Kaiser schrieb
dazu, das Volk habe nun grössere Lasten zu tragen und geniesse weniger
Rechte (a. a. O., S. 502).
Der Historische Verein würdigte Peter Kaisers Verdienste wieder-
holt. Zum 150. Geburtstag Kaisers wurde am 3. Oktober 1943 in Ver-
bindung mit der Vereinsversammlung bei dessen Geburtshaus in Mau-
ren eine Gedenktafel angebracht. Zwölf Jahre später, am 26. Juni 1955,
enthüllte das Land Liechtenstein bei der Pfarrkirche in Mauren eine von
Georg Malin geschaffene Peter-Kaiser-Büste. Der Historische Verein
bereicherte die damit verbundene Feierstunde zudem mit einer Kranz-
niederlegung.
Auf den 1927 verstorbenen Johann Baptist Büchel folgte Joseph
Ospelt als dritter Präsident des Historischen Vereins. Joseph Ospelt
erwarb sich besondere Verdienste mit seinem Engagement für ein Liech-
tensteinisches Urkundenbuch, eine Sammlung und wissenschaftliche
Kommentierung alter Quellentexte zur Geschichte des Landes. Er
bemühte sich dabei auch um Abschriften von Urkunden aus ausländi-
schen Archiven, soweit sie für Liechtenstein wichtig waren. Die Arbei-
ten für das Urkundenbuch begannen 1934, nachdem der Landtag die
Finanzierung bewilligt hatte. Am Urkundenbuch wird bis heute unun-
terbrochen gearbeitet. — Bearbeiter des Urkundenbuches waren der
St. Galler Stiftsarchivar Franz Perret, die Bregenzer Archivare Viktor
Kleiner, Meinrad Tiefenthaler und Benedikt Bilgeri, der Liechtensteiner
Historiker Georg Malin sowie der Appenzeller Historiker und Lehrer
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