Volltext: Wer Bescheid weiss, ist bescheiden

Fabian Frommelt 
heitsreste» des Volkes. Von den vormaligen Bindungen und Beschrän- 
kungen der Reichsverfassung befreit, nutze Fürst Johann I. seine neue 
Stellung als «unumschränkter Gesetzgeber» und «niemandem verant- 
wortlich[er]» «Souverain» zur Beseitigung der bestehenden Repräsenta- 
tions- und Partizipationsrechte der Untertanen, worin Rheinberger eine 
«Verletzung des Völkerrechts»" erblickte.'! Dass der Amtsbote die Ver- 
antwortung für die scharf kritisierten Zustände in Verwaltung und 
Staatsfinanzierung nicht dem «edelsten und hochherzigsten Fürsten» 
anlastete, sondern dessen Kommissar Georg Hauer und Landvogt Josef 
Schuppler, entsprach dem Usus unter den gegebenen absolutistischen 
Verhältnissen. 
Rheinberger sprach die Souveränität nicht nur dem Fürsten zu, 
sondern auch dem Staat. Ob er darauf abstellte, der Fürst sei nur inso- 
fern Träger der Souveränität, als er den Staat verkörpere, wird nicht 
deutlich. Unbesehen des im Begriff der «Staatssouveränität» steckenden 
Potenzials, den Gegensatz zwischen Volks- und Fürstensouveränität zu 
überwinden,!? stand bei Rheinberger die Ablehnung des mit der Souve- 
ränität eingezogenen Reformabsolutismus im Vordergrund. 
Die erste Darstellung der Weiterentwicklung bis zum Wiener Kon- 
gress 1814/15 findet sich in Peter Kaisers (1793-1864) umfangreicher 
«Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein» (1847).!® Dieses Werk des 
Liberalen Kaiser — des «Historiker[s] der Volksgeschichte als Alternative 
10 Hier noch im Sinne des zus gentium zu verstehen, des «alle Menschen und Herr- 
schaftsverbände gleichermaßen umfassende[n] Recht[s]», im Gegensatz zum im 
18. Jahrhundert entwickelten Völkerrechtsverständnis als ins inter gentes, welches 
nur die Beziehungen zwischen den Staaten regelte (vgl. Knut Ipsen, Völkerrecht. 
Ein Studienbuch, München *1999, S. 2-7). 
11 Zitiert nach Rudolf Rheinberger, Das «Politische Tagebuch» des Amtsboten Johann 
Rheinberger von Vaduz. Eine Quelle zur Geschichte Liechtensteins zur Zeit des 
Absolutismus, in: JBL 58, Vaduz 1958, S. 227-238, hier S. 233 f. Vgl. Rudolf Rhein- 
berger, «Rheinberger, Johann», in: HLFL 2 (Anm. 6), S. 760. 
12 Vgl. Hans Boldt, Staat und Souveränität: IX. «Souveränitäp: 19. und 20. Jahrhundert, 
in: Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche 
Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutsch- 
land, Bd. 6, Stuttgart 1990, S. 129-152, hier S. 143. 
13 Peter Kaiser, Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus 
Chur-Rätien’s Vorzeit, Chur 1847, neu herausgegeben von Arthur Brunhart, Bd. 1: 
Text, Bd. 2: Apparat, Vaduz 1989. Vgl. Peter Geiger (Hrsg.), Peter Kaiser als Politi- 
ker, Historiker und Erzieher (1793-1864). Im Gedenken an seinen 200. Geburtstag, 
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