Volltext: Wer Bescheid weiss, ist bescheiden

Fabian Frommelt 
gend beantwortet werden, wie insbesondere der Beginn, aber auch der 
Fortbestand der Souveränität ausgerechnet eines der kleinsten Territo- 
rien des vormaligen Römisch-deutschen Reichs eigentlich zu erklären 
sind. Dies macht das anhaltende Interesse an dieser Thematik verständ- 
lich: Nicht nur die liechtensteinische Geschichte im engeren Sinn ist 
berührt, sondern auch die Entwicklung der staatlichen Struktur 
Deutschlands und die Frage der Kleinstaatlichkeit. 
Wenn im Folgenden die historische Beschäftigung mit dem 
Ursprung der liechtensteinischen Souveränität zwischen Rheinbund und 
Wiener Kongress nachgezeichnet wird,* lassen sich — wie bei anderen 
Themen der politischen Landesgeschichte — zwei im 19. Jahrhundert 
wurzelnde historiografische Hauptstränge unterscheiden: Einer bürger- 
lich-emanzipatorischen Erzähltradition (I) steht ein stärker obrigkeit- 
lich-monarchisch geprägtes Geschichtsbild (II) gegenüber.‘ Mit Georg 
Malins Dissertation (1953) fasste eine auf erhöhten wissenschaftlichen 
Ansprüchen beruhende, neutralere Haltung Fuss (III). Nun erlangte das 
Beispiel Liechtenstein auch das Interesse ausländischer Historiker, 
womit das als «Sonderfall» (Brigitte Mazohl-Wallnig) verstandene Spe- 
zifische der liechtensteinischen Entwicklung in den Blick geriet (IV). 
Auffällig ist, dass der Wiener Kongress, der im Geschichtsbild des Fürs- 
tenhauses eine zentrale Stellung einnimmt (V), in der liechtensteinischen 
Historiografie unterbelichtet blieb (VI). 
I. Frühe bürgerlich-emanzipatorische Erzähltradition 
In Liechtenstein liegen nur von wenigen Zeitgenossen der Rheinbund- 
zeit schriftliche Berichte über ihre Wahrnehmungen vor. Der Eschner 
Bauer und Chronist Johann Georg Helbert (1759-1813) konstatierte 
1806, Kaiser Napoleon habe «seinen Reinischen Bund oder Kreiß» 
geschaffen, in welchen «sich der fürst von Liechtenstein freywillig Bege- 
  
3 Dieser Beitrag berücksichtigt nur eine Auswahl einschlägiger Arbeiten. 
4 Diese Analysekategorien wurden erstmals auf die Erzählung des Verkaufs der Graf- 
schaft Vaduz an die Fürsten von Liechtenstein 1712 angewendet in Fabian From- 
melt, Der Kauf der Grafschaft Vaduz am 22. Februar 1712. Ein Kleinterritorium 
zwischen gräflichem Ruin und fürstlichem Prestigestreben — ein Jubiläum zwischen 
Geschichte und Mythos?, in: JBL 111, Vaduz 2012, S. 15—42, hier S. 30-39. 
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