trachtet und bereits an zahlreichen Zitaten illustriert, abgehackt, unpräzise und nicht selten
sogar widersprüchlich. Im Gespräch unterbricht sie das Gegenüber häufig und behält so
die Kontrolle über den Verlauf. Für sie ist Politik kein dynamischer Prozess. Sind die Posi-
tionen gefunden, bleibt sie diesen treu. „Ich habe immer gesagt, in diesem Moment, in
dem ich studieren muss, was ich jetzt zu einem Thema sage, weil ich Angst habe, dass ich
vor zwei Jahren ganz eine andere Meinung gehabt habe, dann hóre ich auf" (Interview Y:
607-612). Diese Haltung wird von den Wählern geschätzt. Die Welt gehorcht so einer ü-
berschaubaren bisweilen auch starren Logik.
Die sprachlich manifestierte Überlegenheit findet sich auch an anderer Stelle wieder. So
zum Beispiel wenn sie sich zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten in Vereinen und Verbänden
äussert.
„Und was einem auch gut tut, ist die ganzen Veranstaltungen, man weiss dann
eigentlich erst nachher wie viele Vereine und wie viele Sachen gibt, wo sich
Leute ehrenamtlich engagieren, wirklich für Null Franken sich reinhängen. Wie
die eigentlich auch eine Freude haben und dankbar sind, wenn sich die Politik
zeigt. Also wenn man ihnen im Prinzip auch den Respekt entgegenbringt. Das
muss ich sagen, das ist ... etwas, das ich jetzt sehr schätze“ (Interview Y: 699-
709).
Hier drückt sich zugleich eine starke Identifikation mit ihrer politischen Rolle aus. Sie be-
zeichnet sich als Landtagsabgeordnete als die Politik. Später stellt sie ähnlich abstrakt
fest, dass sie die Gesellschaft gern hat (Interview Y: 709-713). Wobei sie insbesondere die
Seniorenunion anführt, die ihr grossen Respekt und Dankbarkeit entgegenbringt.
Eine weitere Besonderheit, die sich in ihrer Sprache niederschlägt, ist die vorwiegend ver-
wendete männliche Form, obschon sie an zahlreichen Stellen betont, wie wichtig es sei,
eine Frau zu bleiben und sich nicht den Männer anzugleichen. So hat sie beispielsweise
die Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker (Interview Y: 289-290) gemacht oder spricht
über ihre weiblichen Kollegen im Landtag (Interview Y: 961). Ihre äussere Erscheinung ist
betont weiblich. Sie zieht Kleider Hosenanzügen vor, ist geschminkt und legt Wert auf ihre
rotlackierten Fingernägel. In der Frau-Mann-Thematik zeigen sich dann auch einige Wi-
dersprüche, wie dieses Zitat zeigt.
„[...] [A]ber das Schlimmste finde ich eigentlich, ... wenn man probiert, ... den
Mánnern so zu áhneln, dass es am Schluss, wenn sie keine Ausrede mehr ha-
ben, dann ist es noch eine Frau. [...] Ich sage immer, das Ziel für mich ist er-
reicht, wenn ich in einer Mánnerrunde sitze und man irgendetwas noch trinken
geht und sie machen die Witze, ihre Standardwitze über die Frauen und merken
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