Foundation Governance bei privatnützigen und gemeinnützigen Stiftungen
dass Begünstigte mit widerruflicher zukünftiger Rechtsposition nicht im Kreis der Kontrollberechtigten
vertreten sein sollen.
Würde man nur jenen Ánwartschaftsberechtigten mit unentziehbarer Rechtsposition ein Informations-
recht zugestehen, so würde man nach Ansicht von Motal dieser Begünstigtenkategorie im System der
Foundation Governance praktisch jede Bedeutung nehmen, da bei der Mehrzahl der Stiftungen ein Án-
derungsrecht vorbehalten wird.”
M.E. ist eine Einschránkung des Informations- und Auskunftsrechts für Anwartschaftsberechtigte in den
gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Letztlich geht es in diesem Diskurs um die Definition,
wer als Anwartschaftsberechtigter und wer als blosser Anwärter anzusehen sein wird. Gemäss Art. 552
$ 6 Abs. 2 PGR ist Anwartschaftsberechtigter, wer nach Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder
bei Erreichung eines Termins einen rechtlichen Anspruch hat, eine Begünstigungsberechtigung zu er-
langen. Ein solcher rechtlicher Anspruch besteht jedoch nicht, solange etwa ein Beistatut noch geändert
werden kann. Insofern wäre bei der Anwartschaft auf eine mögliche Begünstigungsberechtigung — was
wohl eher einer Ermessensbegünstigung entspricht — nicht von einem Anwartschaftsberechtigten 1Sd
Art. 552 $ 6 PGR, sondern von einem Anwärter auszugehen. Da Ermessensbegiinstigte bei liechtenstei-
nischen Stiftungen zahlenmässig am häufigsten vorkommen, ist anzunehmen, dass dies auch auf die
Zahl der Anwárter übertragbar ist."* Den Bedenken von Motal ist entgegenzuhalten, dass zwar Anwär-
tern keine Rolle im System der Foundation Governance zukommt, in diesem Zeitpunkt jedoch zumeist
andere Begiinstigte iSd Art. 552 § 2 PGR existieren, die die Kontrolle der Stiftung wahrnehmen kónnen.
Mit Eintritt der Bedingung oder der Erreichung des Termins, wodurch der Anwartschaftsberechtigte
zum Begünstigungsberechtigten wird, kommen diesem auf jeden Fall die Rechte nach Art. 552 89 PGR
zu, und zwar auch für den Zeitraum vor Eintritt der Bedingung bzw. vor Erreichung des Termins, weil
in dieser Zeit jedenfalls eine (nicht widerrufene) Rechtsposition bestand.
Im Gesetzgebungsprozess war zwischen den Interessen des Ermessensbegünstigten und denen der Stif-
tung abzuwägen. Auf der einen Seite hat der Ermessensbegünstigte noch keinen Rechtsanspruch auf
Leistung, eine nicht dem Gesetz und den Statuten entsprechende Verwaltung und Verwendung des Stif-
tungsvermögens ginge aber auch zu seinen Lasten, da sie die Chance auf zukünftige Ausschüttungen
schmälert. Auf der anderen Seite ist das Interesse der Stiftung zu schützen, nicht ständig mit Auskunfts-
begehren von der Stiftung nur sehr fern stehenden Personen belangt zu werden.” Wenn man jedoch
75 Motal, Informationsanspruch 34.
76 | Hosp/Benedetter, Informations- und Auskunftsrechte von Begünstigten und Anwartschaftsberechtigten liechtensteini-
scher Familienstiftungen, ZfS 2016, 15.
77 | Jakob, Stiftung 213.
78 | Vgl BuA 13/2008, 63.
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