Wirnt: Roswitha, du siehst - es kann, es darf nicht sein. Unsre Seelen, die in
blütenprangendem Lebenslenz zusammenschmolzen, müssen sich lósen. Der
Heimatlose, der Verfehmte, der Bettler, darf keine Ansprüche an das Leben
stellen.
Roswitha: Und unser Lebensglück?
Wirnt: Es wird dir hold sein.
Roswitha: Und das deine soll zertreten werden?
Wirnt: Ich opfere es dem deinen! Mag mein Herz darüber in Stücke zerbrechen - was
liegt daran. - Nein, weine nicht, Roswitha, schau, mein Herz gehórt dir bis zum
letzten sterbendmüden Schlag. Auf meinem Lebenswege wuchern nur Dornen
und Disteln - auf deinem aber sollen Rosen blühen. Und deshalb darfst du den
meinen nicht teilen.
Roswitha: Wirnt, du forderst Unmôgliches von mir.
Wirnt: Wir müssen scheiden. Lôschen wir das verderblich glimmende Feuer, ehe es zu
spät ist, ehe es uns verzehrt! - Roswitha, lebe wohl!
Roswitha: Scheiden? Wirnt - ich kann nicht ...
- sinkt ihm an die Brust
Wirnt: Wehe, nun ist meine Kraft zu Ende!
Roswitha:
- sich langsam aufrichtend
Und es darf doch nicht sein. Wirnt, du hast recht.
Wirnt: Halte dich an den braven, wackeren Mann, dem dein Herz gehóren muss. Ich
kenne ihn - er ist deiner würdig, und in seinen treuen Armen wirst du den
schmalen Pfad finden, den ich dir nicht zeigen kann, den Pfad zum Glück. Schütte
ihm dein Herz aus, schildere ihm deine Seelenpein, dein Kámpfen und Ringen - er
wird dich verstehen und du wirst Hilfe und Trost, Ruhe und Frieden bei ihm
finden.
Roswitha: Ja, Wirnt - und wir wollen uns trennen. Doch ,Lebewohl" darfst du mir nicht
sagen -ich - ich -
- schluchzend ab
Wirnt: ,Die Blumen verdorrten alle,
Die Harfe zersprang ..."
- wankt aus dem Hof
- Praxedis von Brandis kommt mit Ulrich, Elisabeth und Roswitha durch den Torweg.
Ulrich: Ja, wie gesagt, liebe Praxedis, es freut uns aufrichtig, dass du uns wieder einmal
besuchst.
Elisabeth: Und auch dein Vater kommt so selten! Es gäbe vieles zu besprechen, jetzt
besonders, da man auf gegenseitigen Schutz und Trutz bedacht sein muss. Und du