Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Übergangsphase 
II. Reaktionserlass 
1. Scheitern der Paulskirchenverfassung 
Nach dem Scheitern der Paulskirchenverfassung und der Revolution in 
den Einzelstaaten nahm Fürst Alois II. diese «provisorischen Verfas- 
sungsbestimmungen» im Reaktionserlass vom 20. Juli 1852!5° wieder 
zurück, da sie sich, wie er erklärte, mit den «gegenwärtigen Verhältnis- 
sen»!51 nicht vereinbaren liessen, sodass die Landständische Verfassung 
«so lange Gesetzeskraft» behalte, «bis die ausdrückliche Abänderung 
derselben von Uns beschlossen und dieser Beschluss als Gesetz kundge- 
macht worden sein wird». Es habe sich erwiesen, gibt er als Grund an, 
dass die «Verfassungsbauten jener Zeit», nämlich die die Verfassungsver- 
hältnisse betreffenden Erlässe der Jahre 1848 und 1849, «kein schirmen- 
des Dach bieten konnten». Nötig sei ein «wohlerwogener Bau». Damit 
nahm er auf die Reaktion in den Bundesstaaten Bezug, die in den Ver- 
fassungen, die eine allgemeine gesellschaftliche Repräsentation im Staat 
vorsahen, eine Gefahr für den monarchischen Herrschaftsprimat 
erblickten. Die als bewährt angesehene selbständige politische Bestim- 
mungsmacht des Monarchen sollte nicht angetastet werden. 
Auf Bundesebene wurde im Oktober 1851 der Reaktionsausschuss 
tätig. Er prüfte systematisch alle Landesverfassungen, Wahl- und Presse- 
gesetze auf demokratische und liberale Inhalte, die sich mit der Bundes- 
akte und der Wiener Schlussakte als unvereinbar präsentierten. Zehn 
Mitgliedstaaten wurden vom Bund aufgefordert, bestimmte Vorschriften 
ihrer Verfassungen und Gesetze aufzuheben oder abzuändern.!52 
150 Abpgedruckt in: LPS 8, S. 271 f. (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>). 
151 Siehe zu den Verfassungsverhältnissen in Österreich Edmund Bernatzik, Die öster- 
reichischen Verfassungsgesetze, S. 178. Danach erlässt Kaiser Franz Joseph am 
4. März 1849 eine Verfassung, setzt sie aber am 31. Dezember 1851 ausser Kraft, da 
sie «in ihren Grundlagen den Verhältnissen des österreichischen Kaiserstaates» nicht 
mehr angemessen und ausführbar sei. Siehe den Text bei Wilhelm Brauneder, Quel- 
lenbuch zur österreichischen Verfassungsgeschichte, S. 25. 
152 Vgl. Dieter Grimm, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 218 f.; Peter Geiger, Ge- 
schichte, S. 182 zitiert im Zusammenhang mit dem Reaktionserlass Johann Adolf 
Freiherr von Holzhausen, der am 5. August 1852 dem Fürsten berichtete, der Reak- 
tionsausschuss des Bundes werde «davon gewiss nur mit voller Befriedigung Kennt- 
nis nehmen». Zur Person von Freiherr von Holzhausen siehe Margret Friedrich, in: 
Historisches Lexikon, Bd. 1, 5. 375. 
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