Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Europäischer Gerichtshof und EFTA-Gerichtshof 
sung teilt das neuere Schrifttum nicht. Es wendet ein, dass letztinstanz- 
liche Gerichte unter Umständen zur Vorlage verpflichtet sind. Wenn sie 
ohne sachliche Gründe von einer Vorlage absehen, verstosse ein solches 
Vorgehen gegen das in Art. 3 EWRA verankerte Loyalitätsgebot. Sie 
dürften nur dann von einer Vorlage Abstand nehmen, «wenn kein ver- 
nünftiger Zweifel über die richtige Auslegung der in Rede stehenden 
EWR-rechtlichen Normen besteht». * Sollte das Vorlagerecht durch 
eine Vorlagepflicht ersetzt werden, müsste allerdings das ÜUGA dement- 
sprechend geändert werden. 
b) Rechtscharakter des Gutachtens 
Die Auslegungsgutachten des EFTA-Gerichtshofs sind für die vorlegen- 
den Gerichte, wie dies aus dem Vorlageverfahren gemäss Art. 34 UGA 
hervorgeht, zwar nicht formell-rechtlich verbindlich.» Sie entfalten 
jedoch, betrachtet man sie unter einem teleologischen Aspekt, wie es 
vorherrschende Auslegungsmethode des EFTA-Gerichtshofs ist,” und 
«aus dem System der gerichtlichen Kontrolle im UGA», nicht nur eine 
tatsächliche, sondern indirekt*® auch eine «systemimmanente rechtliche 
Bindungswirkung»,° die in ihrer Bedeutung weitgehend der Vorabent- 
  
Anwendung des EWR-Rechts, S. 140; Hans Petter Graver, Der Europäische Wirt- 
schaftsraum, S. 928 Rz. 26, S. 931 Rz. 33. 
554 Carl Baudenbacher, Grundfreiheiten und Grundrechte, S. 786 ff. Rz. 13 und 14 mit 
zahlreichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur; vgl. ders., Interview im 
Liechtensteiner Vaterland vom 28. Dezember 2012, 5. 11. 
555 Siehe Carl Baudenbacher, Grundfreiheiten und Grundrechte, S. 788 Rz. 15. 
556 Darauf weist auch die Entstehungsgeschichte hin, wonach «formell bindende» Gut- 
achten aufgrund der Souveränität der EFTA-Staaten und der Unabhängigkeit ihrer 
Gerichte ausgeschlossen sind. Siehe dazu Halvard Haukeland Fredriksen, Europäi- 
sche Vorlageverfahren, S. 4, 29 ff. und 234. 
557 Astrid Epiney/Beate Metz /Benedikt Pirker, Parallelität der Rechtsentwicklung, 
S. 86. 
558 Auslegungsgutachten des EFTA-Gerichtshofs zeitigen eine indirekte, nicht aber 
eine direkte Bindungswirkung nach Art. 34 UGA. Siehe zur Begründung der indi- 
rekten Bindungswirkung «kraft des Systems der gerichtlichen Kontrolle im EFTA- 
Pfeiler des EWR» Halvard Haukeland Fredriksen, Europäische Vorlageverfahren, 
5.234 £. 
559 Halvard Haukeland Fredriksen, Europäische Vorlageverfahren, S. 16 f. und 247 f,; 
vgl. auch Astrid Epiney/Beate Metz /Benedikt Pirker, Parallelität der Rechtsent- 
wicklung, S. 78 f. Nach der Kurzinformation der Stabsstelle EWR «Der Europäi- 
sche Wirtschaftsraum» 2012, S. 9, entfalten die Entscheidungen des EFTA-Gerichts- 
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