Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verhältnis zu anderen Staatsorganen 
Reduzierung ermöglicht es ihm, innerhalb des begrenzten Schutzbe- 
reichs im Unterschied zum generell geltenden Willkürschutz eine diffe- 
renzierte Prüfung vorzunehmen.“ 
3. Sachverhaltsermittlung — Tatsachenfeststellungen 
Neben den Bereichen der Rechtsauslegung und Rechtsanwendung stel- 
len sich im Individualbeschwerdeverfahren auch Fragen, welchen Sach- 
verhalt der Staatsgerichtshof seinen Entscheidungen zugrunde zu legen 
hat und wie weit seine Ermittlungskompetenzen reichen. Obwohl im 
verfassungsgerichtlichen Verfahren der Untersuchungsgrundsatz gilt, 
versteht sich der Staatsgerichtshof wie bei der Prüfung von Rechtsfragen 
auch bei der Sachverhaltsermittlung nicht als «weitere Tatsachenin- 
stanz», da er im Individualbeschwerdeverfahren «spezifisch» zu prüfen 
hat, «ob eine ihm vorgelegte Entscheidung gegen eines der von der Ver- 
fassung garantierten Grundrechte verstösst». Die Sachverhaltsfeststel- 
lung obliegt wesentlich den Fachgerichten. Zur Klärung der Verfas- 
sungskonformität der fachgerichtlichen Entscheidung nimmt der Staats- 
gerichtshof aber «sehr wohl ergänzende Beweise» auf und trifft 
«Tatsachenfeststellungen». Das heisst mit anderen Worten, dass der 
Staatsgerichtshof «nicht zwingend an die tatbeständlichen Erhebungen 
der Vorinstanz gebunden» ist und er «bei Bedarf ein eigenes Ermitt- 
lungsverfahren durchführen» kann.*$! 
Der Staatsgerichtshof nimmt grundsätzlich nicht nochmals eine 
volle tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vor. 
  
480 Vgl. Hilmar Hoch, Schwerpunkte, S. 79 ff. Wolfram Höfling, Die Verfassungsbe- 
schwerde zum Staatsgerichtshof, S. 178 f. spricht sich für eine «differenzierende 
Weiterentwicklung der Judikatur des Staatsgerichtshofs in der Bestimmung des Ver- 
hältnisses von speziellen Grundrechten zum Auffanggrundrecht auf Willkürfrei- 
heit» aus. Aus dem mit Individualbeschwerde angegriffenen Hoheitsakt sei oftmals 
ersichtlich, «dass etliche fachgerichtliche Entscheidungen gleichsam im» Gewähr- 
leistungsbereich eines besonderen Freiheitsrechts ergehen», sodass «die Rüge einer 
willkürlichen Rechtsanwendung in solchen Fällen dann eigentlich die Geltendma- 
chung einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts» beinhalte. 
481 StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1998, S. 177 (180); siehe zur Tat- 
sachenermittlung Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 643 ff. und 
Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz, S. 448 ff.; Herbert 
Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, 5. 56 ff. 
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