Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsgerichtshof und die anderen (Fach-)Gerichte 
Grundrechts berührt, nimmt der Staatsgerichtshof «auf entsprechenden 
Antrag»*2 eine Willkürkontrolle vor.*”3 Das Willkürverbot kann als 
eigenständiges Grundrecht** auch für sich allein Gegenstand einer Indi- 
vidualbeschwerde sein.”5 In der Praxis des Staatsgerichtshofes über- 
nimmt es die Funktion eines Auffanggrundrechts, «das nur dann eine 
selbständige Bedeutung hat, wenn kein spezifisches Grundrecht betrof- 
fen ist»>.”° Demzufolge kommt es neben spezifischen Grundrechtsrügen 
subsidiär zur Anwendung.“77 
Um am «punktuellen Charakter» des spezifischen Grundrechts- 
schutzes gegenüber dem als Auffanggrundrecht dienenden Willkürver- 
bot festhalten zu können, hat der Staatsgerichtshof den sachlichen Gel- 
tungsbereich von bestimmten Grundrechten,*® den er im Laufe der letz- 
ten Jahrzehnte erheblich ausgeweitet hatte,”? eingeschränkt. Diese 
  
472 Zur Rügepflicht siehe Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrund- 
satz, S. 437 ff. Er hält fest, dass in der Praxis eine «implizite Rüge genügt» (S. 438 f.). 
473 Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 181 macht 
darauf aufmerksam, dass bei einem solchen «Prüfprogramm» zu berücksichtige sei, 
«dass die Grenze zwischen Fachgerichtsbarkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit 
nicht starr, sondern fliessend ist». Die verfassungsgerichtliche Kontrollkompetenz 
stehe deshalb «immer unter dem Vorbehalt des besonderen Einzelfalles». So auch 
StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11 Erw. 2.2). 
474 StGH 1998/45, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 1/2000, 5. 1 (5 f. Erw. 4 ff.); siehe 
auch StGH 2005/34, Urteil vom 16. Mai 2006, LES 4/2007, S. 379 (386 Erw. 4.1). 
475 StGH 2005/35, Urteil vom 6. Februar 2006, LES 2/2007, 5. 89 (94 f. Erw. 4.1 ff.). 
476 StGH 2005/23, Urteil vom 27. September 2005, LES 2/2007, S. 77 (82 Erw. 2.1). 
477 Zum Willkürverbot als subsidiäres Grundrecht ausführlich Hugo Vogt, Das Will- 
kürverbot und der Gleichheitsgrundsatz, S. 384 ff. mit zahlreichen Hinweisen zu 
Rechtsprechung und Lehre, die er kritisch bespricht, da sie zu Missdeutungen 
Anlass geben. Er vertritt die Auffassung, dass das Willkürverbot «gegenüber ande- 
ren Grundrechten rechtlich gleichwertig (ist), wobei allenfalls gesagt werden kann, 
dass das Willkürverbot aus praktischen Gründen subsidiär ist» (S. 388). 
478 Hilmar Hoch, Schwerpunkte, S. 79 ff. nennt die Eigentumsgarantie, das Recht auf 
den ordentlichen Richter und das Grundrecht der persönlichen Freiheit. Zum sach- 
lichen Schutzbereich des Rechts auf den ordentlichen Richter siehe Tobias Michael 
Wille, Recht auf den ordentlichen Richter, S. 342 ff. Rz. 11 ff; zum sachlichen 
Gewährleistungsbereich der Eigentumsgarantie Klaus A. Vallender/Hugo Vogt, 
Eigentumsgarantie, S. 701 ff. Rz. 23 ff. und Herbert Wille, Verwaltungsrecht, 
5.56 ff; zum sachlichen Schutzbereich des Grundrechts auf Freiheit der Person 
Marzell Beck/ Andreas Kley, Freiheit der Person, S. 136 ff. Rz. 11 ff. und Wolfram 
Höfling, Grundrechtsordnung, S. 110 ff. 
479 Vgl. zum Grundrecht auf den ordentlichen Richter Tobias Michael Wille, Recht auf 
den ordentlichen Richter, S. 342 f. Rz. 12. 
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