Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsgerichtshof und Gesetzgeber 
hof auch schon festgehalten hat: «Wenn eine gesetzliche Regelung ein- 
deutig verfassungswidrig ist, so ist diese durch den Gesetzgeber zu erset- 
zen oder durch den Staatsgerichtshof aufzuheben.»? 
b) Andere Entscheidungsformen 
Neben dieser verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich vorgeschriebe- 
nen Kassation bei Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder einer 
Gesetzesnorm hat der Staatsgerichtshof, um eine Kassation zu vermei- 
den, auch andere Entscheidungsvarianten entwickelt.“ Sie wirken sich 
ebenfalls, wenn auch in unterschiedlichem Masse, auf den Kompetenz- 
bereich des Gesetzgebers aus. Sie stellen aber gegenüber der Kassation 
eine weniger harte Sanktion dar. Der Staatsgerichtshof hält sich dabei 
allerdings nicht strikt an die verfassungsprozessualen Vorgaben und 
überschreitet die verfassungsgerichtlichen Grenzen. Er beansprucht 
zuweilen auch einen «pragmatisch-autonom gesetzten Entscheidungs- 
spielraum»,*1 da er sich nicht auf eine entsprechende Rechtsgrundlage 
stützen kann und jede Entscheidungsvariante eine «gesetzliche Legiti- 
mation» erfordert.*®2 
Die zeitliche Verlängerung des Kassationsaufschubs, der auf längs- 
tens ein Jahr festgesetzt worden ist,*® sollte es dem Staatsgerichtshof 
ermöglichen, von anderen Entscheidungsarten als der Kassation 
Abstand zu nehmen.“* Ob nach wie vor ein Bedürfnis besteht, Appell- 
ten sind, sodass der Staatsgerichtshof deren Verfassungswidrigkeit feststellt. Das 
Gleiche gilt nach Art. 21 Abs. 2 StGHG auch für Verordnungen. 
399 StGH 1996/36, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1997, S. 211 (215 Erw. 8) mit Ver- 
weis auf SIGH 1995/30, Urteil vom 30. August 1996, LES 3/1997, S. 159 (161). 
400 Sie sind weder in der Verfassung noch im Staatsgerichtshofgesetz geregelt. 
401 Vgl. Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 197. 
Er spricht unter Bezugnahme auf STGH 1995/20, Urteil vom 24. Mai 1996, LES 
1/1997, S. 30 (38) von einem «Dilemma», vor dem der Staatsgerichtshof stand. 
402 Vgl. Wolfram Höfling, Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof, S. 198 
und Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 324 f. An dieser Rechtslage hat sich auch 
nach der Verfassungsrevision von 2003 und dem neuen Staatsgerichtshofgesetz nichts 
geändert. Siehe Herbert Wille, Probleme des gesetzgeberischen Unterlassens, S. 453. 
403 Siehe Art. 19 Abs. 3 SSGHG und dazu den Kommentar in BuA Nr. 45/2003 der 
Regierung vom 12. August 2003, S. 49. 
404 Andeutungen in dieser Richtung macht der Staatsgerichtshof in StGH 1995/20, 
Urteil vom 24. Mai 1996, LES 1/1997, S. 30 (38 Erw. 4.4), wo er zu verstehen gibt, 
dass er bei einer einjährigen Maximalfrist weniger Bedenken hätte, dem Kassations- 
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