Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Staatsgerichtshof und Gesetzgeber 
sen Spielraum bei der Ausgestaltung der Gesetzesvorlagen beanspruchen 
können» muss, sodass er nicht «ohne Not» die Befugnis des Gesetzge- 
bers antasten dürfe. «Andernfalls würde das Verfassungsgericht Gefahr 
laufen, sich als politische Instanz zu betätigen und damit gegen das 
Gewaltenteilungsprinzip zu verstossen.» Der Staatsgerichtshof gibt auch 
zu bedenken, «dass ein Verfassungsgericht von vornherein eine einge- 
schränkte funktionelle Eignung zur Korrektur allfälliger gesetzgeberi- 
scher Fehlleistungen hat, da es nur kassatorisch und damit punktuell in 
die Gesetzgebung eingreifen kann».91 
Diesem Abgrenzungsverhalten liegt ein Rollenverständnis zugrun- 
de, das von einer «grossen Zurückhaltung» bzw. «Selbstbeschränkung» 
gegenüber dem Gesetzgeber geprägt ist.” Es kann damit aber nur 
gemeint sein, dass der Staatsgerichtshof keine politischen Fragen ent- 
scheidet, die der Gesetzgeber zu treffen hat.?® Er räumt nämlich dem 
Gesetzgeber eine «Entscheidungsprärogative» ein. Das heisst, dass er 
den Gesetzgeber nur dann korrigiert, wenn er den Rahmen seiner Ge- 
bers» als «politische Ermessensfrage» umschrieben und damit, wie Paul Kirchhof, 
Verfassungsgerichtsbarkeit und Gesetzgebung, S. 16 sagt, «den Gesetzgeber aber 
fehlerhaft in verwaltungsrechtliche Bindungen gedrängt». 
391 StGH 1993/3, Urteil vom 23. November 1993, LES 2/1994, S. 37 (38 Erw. 2.1). 
Dazu kommt, dass der Staatsgerichtshof «allein antragsabhängige Kontrollkompe- 
tenzen>» hat. Er kann nicht «die Leistung der politischen Willensbildung und Gestal- 
tung übernehmen», die der Gesetzgeber erbringt. Siehe Philipp Dann, Verfassungs- 
gerichtliche Kontrolle, S. 643 f. 
392 Siehe etwa StGH 2006/5, Urteil vom 3. Juli 2006, LES 2/2007, S. 108 (114 Erw. 3a) 
mit Hinweis auf SEGH 2004/14, Erw. 4 und StGH 2003/16, Erw. 2b; StGH 
2007/118, Urteil vom 30. Juni 2008, Erw. 3 (im Internet abrufbar unter: 
<www.gerichtsentscheide.li>); vgl. auch Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit 
im Fürstentum Liechtenstein, S. 49 ff.; Hugo Vogt, Das Willkürverbot und der 
Gleichheitsgrundsatz, S. 108 ff. 
393 Nach Helmut Simon, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 1665 Rz. 47 ist der Begriff der 
Selbstbeschränkung irreführend, da es nicht im Belieben des Richters steht, Selbst- 
beschränkung zu üben. So auch Konrad Hesse, Verfassungsrechtsprechung, S. 273. 
Vgl. auch Christian Starck, Bundesverfassungsgericht in der Verfassungsordnung, 
S.9 und Philipp Austermann, Die rechtlichen Grenzen des Bundesverfassungsge- 
richts, S. 268. Ralf Alleweldt, Bundesverfassungsgericht, S. 210 f. mit Literaturhin- 
weisen, macht unter Bezugnahme auf das deutsche Bundesverfassungsgericht darauf 
aufmerksam, dass dem Grundsatz der «Zurückhaltung» kein eigenständiges dog- 
matisches Gewicht zukommen kann. Es habe «den Rahmen seiner Kompetenzen zu 
wahren: ausserhalb dieses Rahmens hat es nicht «zurückhaltend», sondern gar nicht 
zu agieren; innerhalb des Rahmens hat es seine Kompetenzen auszuschöpfen [...]>. 
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