Verfahrensarten
3. Verfahren
Das Ministeranklageverfahren weist strafprozessuale Züge auf.*1 Es
kommen die Bestimmungen der Strafprozessordnung «entsprechend»
zur Anwendung.
Die Anklageschrift ist beim Präsidenten des Staatsgerichtshofes
einzureichen. Sie muss den Tatvorwurf (Sachverhalt) näher umschreiben
und die Beweismittel benennen sowie die Bestimmungen der Verfassung
oder des Gesetzes bezeichnen, die verletzt worden sind.?® Auf die
Anklage folgt die Voruntersuchung durch den Staatsgerichtshof bzw.
durch einen Richter des Staatsgerichtshofes, der als «Untersuchungs-
richter» weder an der Schlussverhandlung teilnehmen noch an der Ent-
scheidung mitwirken darf. Die Untersuchung ist einzustellen, wenn
der Landtag die Anklage zurückzieht.?5 Ist die Voruntersuchung
«geschlossen», ist eine öffentliche Verhandlung durchzuführen.
4. Entscheidung
Das Verfahren schliesst mit einem Urteil ab, das entweder auf einen Frei-
spruch oder auf eine Verurteilung lautet, wobei, wie es in Art. 34 Abs. 1
StGHG heisst, der Staatsgerichtshof «ausspricht», ob der Angeklagte
einer Verletzung der Verfassung oder eines genau zu bezeichnenden
Gesetzes schuldig ist.
341 Zum Charakter des Verfahrens siehe Tobias Michael Wille, Verfassungsprozess-
recht, 5. 224 ff.
342 Siehe Art. 30 Abs. 1 StGHG; vgl. für Österreich Konrad Atzwanger, Ministeran-
klage, S. 43.
343 Siehe Art. 29 Abs. 1 und 2 SIGHG.
344 Siehe Art. 31 Abs. 1 und 2 SIGHG.
345 Siehe Art. 31 Abs. 4 StGHG.
346 Siehe Art. 33 Abs. 1 SEGHG.
347 Vgl. Tobias Michael Wille, Verfassungsprozessrecht, S. 789 f. und zur alten Rechts-
lage Art. 50 Abs. 1 i. V. m. Art. 44 Abs. 1 SIGHG 1925, die inhaltlich übereinstim-
men, und StGH-Urteil vom 8. März 1931, ELG 1931, S. 57 ff. (59).
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