Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfahrensarten 
glieder der Regierung wegen «pflichtwidrigen Verhaltens» wurde im 
Gesetz vom 7. Mai 193131 festgelegt. Das Ministeranklageverfahren 
wurde im Staatsgerichtshofgesetz vom 5. November 1925 geregelt, das 
seinerseits das Disziplinarverfahren explizit einem besonderen Gesetz 
zuwies. Es wird demnach nicht nur von Verfassungs sondern auch von 
Gesetzes wegen zwischen diesen beiden Verfahren unterschieden, wobei 
im Rahmen der Revision des Staatsgerichtshofgesetzes von 2003 das 
Gesetz über das Disziplinarverfahren gegen Mitglieder der Regierung 
aufgehoben, d. h. die «Disziplinaranklage» fallen gelassen worden ist.?? 
Das derzeit geltende Staatsgerichtshofgesetz ist zu Recht von die- 
ser zweiteiligen Regelung abgerückt, obwohl die Verfassung in Art. 104 
Abs. 1 weiterhin am Staatsgerichtshof als Disziplinargerichtshof festhält. 
Sie versteht offensichtlich die Ministerverantwortlichkeit als disziplinar- 
rechtliche Angelegenheit. Gegen diese Betrachtungsweise wurde schon 
im Schrifttum des ausgehenden 19. Jahrhunderts eingewendet, dass 
Grundlage der Disziplin nur ein Gewaltverhältnis sein kann, das eine 
Über- und Unterordnung voraussetzt.?® Eine solche Konstellation kann 
aufgrund der Stellung der Regierung bzw. des Landesverwesers als 
«Beamter» des Fürsten noch unter der Konstitutionellen Verfassung von 
1862 angenommen werden. Dies trifft aber für die heutige Verfassungs- 
lage nicht mehr zu. Die Regierung ist ein eigenständiges Staatsorgan 
geworden, das weder dem Fürsten noch dem Landtag unterstellt ist. 
Bei der Ministerverantwortlichkeit, wie sie im Staatsgerichtshofge- 
setz von 2003 ausgestaltet ist, handelt es sich um ein Strafverfahren eige- 
ner Art,®* das auch einen staatsrechtlichen Aspekt aufweist, wenn in 
Art. 28 Abs. 1 SSGHG von «Verletzung der Verfassung oder sonstiger 
Gesetze» die Rede ist. 
  
331 Gesetz vom 7. Mai 1931 über das Disziplinarverfahren gegen Mitglieder der Regie- 
rung, LGBl. 1931 Nr. 6. Es spricht in Art. 4 von einer «Disziplinaranklage» und 
ebenso in Art. 14 SEGHG 1925. 
332 Aufgehoben durch Art. 59 Bst. 1 SYGHG 2003, LGBl. 2004 Nr. 32. Anstelle der bis- 
herigen Amtsenthebung und Einstellung in Art. 9 SSGHG 1925 entscheidet der 
Staatsgerichtshof nach Art. 35 ff. SSGHG 2003 über Disziplinaranzeigen gegen seine 
eigenen Richter sowie gegen die Richter des Verwaltungsgerichtshofes. 
333 Vgl. Friedrich Greve, Ministerverantwortlichkeit, S. 56. 
334 Vgl. Friedrich Greve, Ministerverantwortlichkeit, S. 57. Zum Verfahren siehe nach- 
stehend Ziffer 3. 
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