Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Politische Situation 
vor allem der Verfassungsentwicklung in Österreich nicht vorgreifen. Er 
zeigt zwar Bereitschaft zu einer konstitutionellen Verfassungsordnung, 
macht sie aber abhängig von der deutschen und österreichischen Verfas- 
sung(sentwicklung), mit der sie, wie es seiner Regierungspolitik ent- 
spricht, möglichst im «Einklang» stehen sollte, und behält sie zudem der 
künftigen Volksvertretung vor, die erst noch nach der neuen Verfassung 
bestellt werden musste. Soweit er selber die konstitutionelle Ausrich- 
tung der Verfassung konkretisiert, lässt er, was die Rechte der Volksver- 
tretung betrifft, Vorsicht walten und gibt sich zurückhaltend. Er gesteht 
zwar die freie Wahl der Volksvertreter zu, bindet sie allerdings an Besitz 
und Bildung. Der Volksvertretung («Landtag») räumt er jedoch nur das 
Recht ein, alle «neu einzuführenden Steuern» zu bewilligen, nicht auch 
das Recht, «allen neu zu erlassenden Gesetzen» beizustimmen. Er ist 
nicht bereit, sie an der Gesetzgebung zu beteiligen. Die Volksvertretung 
bzw. der Landtag soll Gesetze nur beraten können. !!6 
Diese abwartende Haltung des Fürsten trug kaum zur Beruhigung 
der Bevölkerung bei, die sich an den Zugeständnissen orientierte, die die 
Fürsten in anderen Staaten des Deutschen Bundes machen mussten. Es 
missfiel ihr, dass sich seine Verfassungspolitik zu sehr in das «Schlepptau 
der österreichischen Entwicklung» begab,!!7 die keinen Fortgang ver- 
sprach. Es zeichneten sich denn auch im Lande keine Veränderungen ab, 
die auf eine politische und rechtliche Neugestaltung hoffen liessen, 
obwohl im Rahmen des Deutschen Bundes jedem Staat genügend Frei- 
raum blieb, eine eigene Verfassungspolitik zu betreiben.!!® Aus diesem 
Grund erinnerte die Versammlung der Landesausschüsse den Fürsten in 
einem Schreiben vom 21. April 1848 daran, «dass, da unser Land ein 
selbständiges Bundesgebiet ist, wir berechtigt zu sein glauben, auch 
eigene, den Verhältnissen und Bedürfnissen des Volkes angemessene 
Gesetze und Ordnungen zu haben [...], dass wir folglich nicht wieder 
auf die Muster eines mächtigen Nachbarstaates angewiesen werden; wir 
wollen eigene, oder allgemein deutsche, nicht österreichische Gesetze in 
allen Beziehungen des öffentlichen Lebens».1!9 
116 Vgl. auch Peter Geiger, Geschichte, S. 71 ff. (74). 
117 Peter Geiger, Geschichte, S. 65. 
118 Siehe schon vorne S. 52 f. 
119 Zitiert nach Peter Geiger, Geschichte, S. 80. 
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