Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Landständische Verfassung von 1818 
Dem Primat der Monarchie entspricht das Staatsmodell, wie es in der 
Staatsrechtslehre die sogenannte «Herrschertheorie»* vertritt.® Sie 
weist dem regierenden Fürsten die Herrschaftsgewalt als eigenes, dem 
Eigentum ähnliches Recht zu und deutet den Staat als Objekt fürstlicher 
Eigentumsherrschaft. So ist «die Souveränität» nach Romeo Maurenbre- 
cher «das reine Privatrecht (Eigentum, Patrimonium)® des Fürsten».” 
Der Fürst ist kein Organ des Staates. Er steht als Herrscher ausserhalb 
des staatlichen Verbandes. Diese Theorie wurde bisweilen auch zur Zeit 
der konstitutionellen Monarchie bemüht, um das monarchische Prinzip 
rechtlich verständlich zu machen, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts 
u. a. noch von Hermann Rehm verfochten.® Nach ihm ist der moderne 
deutsche Verfassungsstaat teils Fürsten-, teils Volksstaat. Demgemäss 
gibt es zwei Rechtsordnungen: «Das öffentliche Recht eines Landes zer- 
fallt in zwei voneinander unabhängige Rechtsteile, in Landesstaatsrecht 
und in fürstliches Hausrecht»,” und diese Zweiheit hat wiederum eine 
Zweischichtigkeit in der Stellung der Bürger und der Amtsträger zur 
Folge: «Der Staatsdiener ... steht in gemischtem Dienst, er hat zwei Her- 
ren, den Fürsten und den Staat als korporativen Verband ... und das glei- 
che gilt für die Untertanen.»!% 
94 Georg Meyer / Gerhard Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, S. 16 unter 
Bezugnahme auf Georg Jellinek; vgl. auch hinten S. 248 f. und 252. 
95 Vgl. zu dieser Staatstheorie Henning Uhlenbrock, Der Staat als juristische Person, 
S. 31; Gerhard Robbers, Die Staatsrechtslehre im 19. Jahrhundert, S. 107; Herbert 
Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 141 mit jeweils weiteren Literaturhinweisen. 
96 Die Patrimonialtheorie fasste den Staat oder die Staatsgewalt als Eigentum des Fürs- 
ten und die Verfassung als sein «rücknehmbares Geschenk» auf. Vgl. Hans Boldt, 
Zwischen Patrimonialismus und Parlamentarismus, S. 84. Im Zusammenhang mit 
der «Restauration der Staatswissenschaft» wird insbesondere Karl Ludwig von Hal- 
ler (1768-1854) erwähnt, den Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts, 
S. 144 als «Haupt» des «restaurativen Denkens» bezeichnet. 
97 Romeo Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, S. 246. 
98 Für Österreich weist Peter Pernthaler, Das Staatsoberhaupt, S. 102 f. darauf hin, dass 
dieses «patrimoniale Staatsdenken die Verfassung Österreichs bis zum Untergang 
der Monarchie beherrscht» hat, sodass an die Spitze der bekannten Sammlung der 
Österreichischen Verfassungsgesetze von E. Bernatzik noch im Jahre 1911 das «pri- 
vatrechtliche» Instrument der Pragmatischen Sanktion von 1719 als das eigentliche 
Grundgesetz der österreichisch-ungarischen Monarchie gestellt worden sei. 
99 Hermann Rehm, Modernes Fürstenrecht, S. 7. Dort heisst es auch: «Das regierende 
Haus hat sein eigenes Recht an der Krone nicht vom Staate derivativ, sondern dem 
Staat gegenüber originär erworben», besitzt «somit sein eigenes Recht an der Krone 
gegenüber dem Staate als ein originär erworbenes Recht». Siehe auch hinten S. 249. 
100 Hermann Rehm, Die überstaatliche Rechtsstellung der deutschen Dynastien, S. 27. 
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