Regierungsweise: Kollegial- und Ressortprinzip
In protokollarischer Hinsicht kommen dem Regierungschef «bei öffent-
lichen Feierlichkeiten die dem Repräsentanten des Landesfürsten vor-
schriftsgemäss zustehenden Vorzüge» zu. Es handelt sich um eine
«rechtlich nicht allzu bedeutsame Vorschrift»,!*2 die an $ 42 der Amts-
instruktion von 1862 anknüpft und aus den damaligen verfassungsrecht-
lichen Verhältnissen zu erklären ist.
3. In Beziehung zum Landtag
War der Regierungschef ursprünglich Vertreter der Kollegialregierung
ım Landtag,!® vertreten nach Art. 22 Bst. b RVOG die Regierungsmit-
glieder die ihnen zugeteilten Geschäftsbereiche bzw. «die Anträge aus
ihrem Zuständigkeitsbereich, die sie für die Beschlussfassung durch die
Kollegialregierung» vorbereitet haben, im Landtag selber.!*#* Das Gleiche
gilt auch für die Vertretung der Kollegialregierung in den Landtagskom-
missionen.!® Aus der Sicht der Verantwortlichkeit macht das Vertre-
tungsrecht des einzelnen Regierungsmitgliedes Sinn.!*6e Wie der Regie-
rungschef sind nämlich auch die anderen Regierungsmitglieder dem
Landtag gegenüber politisch und rechtlich verantwortlich.
rung des Fürstentums Liechtenstein, S. 92 ff.; Günther Winkler, Begnadigung und
Gegenzeichnung, S. 55, der die Staatsakte des Fürsten auflistet, die der Gegenzeich-
nung des Regierungschefs bedürfen.
142 Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 91; Christine
Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 193 hebt den symbolischen Gehalt dieses hohen
protokollarischen Ranges hervor. Kritisch Gerard Batliner, Parlament, S. 92 Fn. 199.
143 Siehe Art. 63 Abs. 4 LV i. V. m. Art. 16 Abs. 2 LVG und dazu Otto Ludwig Marxer,
Die Organisation der obersten Staatsorgane, S. 74; vgl. auch Ernst Pappermann, Die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 90 f.
144 Diese Vertretungsregelung wurde schon Mitte 1971 eingeführt. Der Landtag nahm
den entsprechenden Beschluss der Kollegialregierung «zustimmend zur Kenntnis.»
Vgl. Walter Kieber, Jahre des Aufbruchs, S. 98 f. Siehe zur Vertretung der Regierung
im Landtag bzw. bei den Landtagsberatungen Art. 42 GVVKG.
145 Siehe Art. 43 Abs. 1 GVVKG. Danach nehmen die Mitglieder der Regierung auf
Einladung des Vorsitzenden einer Landtagskommission an den jeweiligen Beratun-
gen dieser Kommission teil.
146 Vgl. Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 91, der es
als «unschönes Ergebnis» bezeichnet, wenn der Landtag ein einzelnes Regierungs-
mitglied tadeln möchte und dies dem Regierungschef gegenüber zum Ausdruck
bringen musste, wie dies vor 1970 der Fall war.
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