Regierungsweise: Kollegial- und Ressortprinzip
V. Die «besondere» Stellung!” bzw. Sonderstellung
des Regierungschefs
In der Literatur??? ist in Beziehung zu den anderen Regierungsmitglie-
dern von einer herausgehobenen Stellung des Regierungschefs die Rede.
Sie tritt in verschiedenen Regelungszusammenhängen in Erscheinung,
ist aber letztlich nicht von der Art, dass sie das Kollegialprinzip aushe-
belt bzw. ausser Kraft setzt.!?? Dieses bleibt gewahrt.!3® Bei den dem
Regierungschef im Speziellen übertragenen Aufgaben und Funktionen
handelt es sich nicht um Vorrechte, die ihm gegenüber den anderen
Regierungsmitgliedern eine übergeordnete Führungsrolle einräumen,
auch wenn sie ihm «einen erhöhten Einfluss» auf die Regierungstätigkeit
verschaffen. !?!
1. In der Kollegialregierung
Der Regierungschef führt den Vorsitz in der Regierung, nicht jedoch das
Kollegium. Damit sind nicht, wie schon erwähnt, Führungs- und Lei-
tungsfunktionen gemeint. Es fällt ihm bei Stimmengleichheit der Stich-
entscheid zu.!2 Er unterzeichnet die Beschlüsse des Kollegiums und
setzt sie in Vollzug. Er kann ihn aufschieben und den Verwaltungsge-
richtshof anrufen, wenn er der Meinung ist, dass ein Beschluss gegen
bestehende Gesetze oder Verordnungen verstösst.!® Er überwacht den
Geschäftsgang in der Regierung!** und nimmt die Regierungsmitglieder
127 Siehe Art. 4 Abs. 3 RVOG.
128 Vgl. Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 89 ff.,
Andreas Schurti, Verordnungsrecht der Regierung, S. 120 f.; Christine Weber,
Gegenzeichnungsrecht, 5. 192 f.
129 A. A. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 193, die von einer «starke(n)
Durchbrechung des Kollegialprinzips» spricht.
130 So auch Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 98;
siehe auch schon vorne S. 560 f.
131 Walter Kieber, Regierung, Regierungschef, Landesverwaltung, S. 318.
132 Siehe Art. 81 LV.
133 Siehe Art. 90 Abs. 3 LV.
134 Siehe Art. 89 LV.
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