Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Geschichtliche Grundlagen und Rechtsstellung 
niemals, für ihre in den Sitzungen des Landtages oder seiner Kommis- 
sionen gemachten Äusserungen nur dem Landtage verantwortlich und 
können hiefür niemals gerichtlich belangt werden». Soweit es um das 
Abstimmungsverhalten des Abgeordneten geht, wirkt die Immunität als 
«absolute rechtliche Verantwortungsfreiheit» und soweit sie sich auf 
mündliche oder schriftliche Äusserungen des Abgeordneten bezieht, als 
relative.” Sie betrifft das parlamentarische Ordnungsrecht, das parla- 
mentarische Disziplinarmassnahmen nicht ausschliesst, die der Präsident 
ausspricht. Sie können aber nur bei mündlichen Äusserungen infrage 
kommen. So hält die Geschäftsordnung für den Landtag in Art. 25 den 
Ruf «zur Sache» bei zu weiter Entfernung von der Sache, den Ruf «zur 
Ordnung» bei beleidigenden Äusserungen, die den parlamentarischen 
Anstand verletzen, sowie den Wortentzug bei Missachtung wiederholter 
Mahnungen des Präsidenten fest.” Die parlamentarische Immunität 
schliesst jede strafrechtliche oder zivilrechtliche Verantwortung aus. 
Der Schutzbereich der parlamentarischen Immunität erstreckt sich 
bei mündlichen und schriftlichen Äusserungen aufgrund des engen 
92 Vgl. Ludwig K. Adamovich/Bernd-Christian Funk/Gerhart Holzinger/Stefan 
Leo Frank, Österreichisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 72 Rz. 25.008. Art. 57 Abs. 1 
B-VG und Art. 57 Abs. 1 LV sind sich in ihrem Wortlaut ähnlich. Gerard Batliner, 
Parlament, S. 44 und ders., Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 
44 spricht in diesem Zusammenhang in Anlehnung an das deutsche Schrifttum von 
«Indemnität». Vgl. auch Roger Beck, Landtag, S. 163 f.; für die Schweiz Pierre 
Ischannen, Staatsrecht, S. 395 Rz. 13, der von «parlamentarischer Immunität» 
spricht. Theo Öhlinger, Verfassungsrecht, S. 185 Rz. 413 verdeutlicht, dass die öster- 
reichische Lehre unter dem Titel «Immunität» zwei unterschiedliche Institute 
zusammenfasst, nämlich die Rede- und Abstimmungsfreiheit (Art. 57 Abs. 1 B-VG) 
und die Verfolgungsfreiheit (Art. 57 Abs. 2 B-VG). Nach deutschem Recht schützt 
Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG «die gesamte Tätigkeit des Abgeordneten innerhalb und 
ausserhalb des Parlaments gegen jede Einwirkung, also etwa auch Podiumsdiskus- 
sionen oder Parteiveranstaltungen». So Martin Morlock/Ewgenij Sokolov, Beob- 
achtung von Abgeordneten, S. 407 und dazu BVerfG, Beschluss vom 17. 9. 2013 — 
2BvR 2436/10 und 2 BvE 6/08, veröffentlicht in: DOV 2014/Hefrt 10, S. 438445. 
93 Vgl. für Österreich Ludwig K. Adamovich/Bernd-Christian Funk / Gerhart Hol- 
zinger/ Stefan Leo Frank, Österreichisches Staatsrecht, Bd. 2, S. 72 f. Rz. 25.008. 
94 Es ist im Anschluss an Art. 57 B-VG in der österreichischen Lehre von «berufli- 
cher» bzw. «ausserberuflicher» Immunität die Rede. Vgl. Ludwig K. Adamovich/ 
Bernd-Christian Funk/Gerhart Holzinger/Stefan Leo Frank, Österreichisches 
Staatsrecht, Bd. 2, 5. 72 ff. Rz. 25.008 und 25.009; Theo Öhlinger, Verfassungsrecht, 
S. 185 ff. Rz. 413 ff. Auch Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kontrolle über 
die Regierung, S. 55 verwendet diese Begriffe. 
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