Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Geschichtliche Grundlagen und Rechtsstellung 
II. Verfassungsvergleich 
1. Selbständigkeit des Landtages - Geschäftsordnungsautonomie 
Die Konstitutionelle Verfassung von 1862 lässt noch keine Geschäfts- 
ordnungsautonomie zu. Der Landtag kann im Gegensatz zum Verfas- 
sungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848, 
nach dessen $ 77 «(sich) der Landrat die Geschäftsordnung» bestimmt, 
die Angelegenheiten seiner Geschäftsordnung nicht selbständig regeln. 
Die Geschäftsordnung wurde von der fürstlichen Regierung ausgearbei- 
tet und vom Landesfürsten genehmigt.“ Sie kann nur «im Wege der 
Gesetzgebung abgeändert oder erläutert werden», d. h. mit Zustimmung 
des Landesfürsten.5 
Der Landtag ist in dieser Hinsicht vom Landesfürsten und seiner 
Regierung nicht unabhängig. Erst die Verfassung von 1921 gesteht ihm 
in Art. 60 zu, seine Geschäftsordnung selber festzulegen und seine 
Organe selber zu bestellen. Auch die Wahl des Präsidenten des Landta- 
ges und seines Stellvertreters unterliegt noch der Bestätigung durch den 
Landesfürsten.® 
2. Immunitäts- bzw. Indemnitätsschutz 
Sichert der Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 
1. Oktober 1848 den Mitgliedern des Landrates zu, dass ihnen in ihrer 
parlamentarischen Tätigkeit aus inhaltlicher Sicht von keiner Seite Wei- 
sungen erteilt und sie wegen ihrer Abstimmungen ım Landrat nicht zur 
Verantwortung gezogen werden durften,’ ist davon weder in der Kon- 
stitutionellen Verfassung von 1862 noch in der Geschäftsordnung des 
Landtages die Rede.® Verfassungsmässig geregelt ist lediglich der Fall der 
Verhaftung eines Mitglieds des Landtages «während der Dauer der Sit- 
  
4 Vgl. vorne S. 107. 
5 So $ 91 Geschäftsordnung für den Landtag, LGBl. 1863 Nr. 1; siehe dagegen die 
Geschäftsordnung des Landtages, LGBl. 1997 Nr. 61 i. d. F. LGBl. 2008 Nr. 299. 
6 Siehe $ 97 KV 1862. 
Siehe $ 89 Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates von 1848. 
8 Siehe vorne S. 107. 
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