1. Abschnitt
Geschichtliche Grundlagen und Rechtsstellung
$24 GESCHICHTLICHE GRUNDLAGEN
I. Allgemeines
Die Entwicklung des modernen Parlamentarismus steht in einem unmit-
telbaren Zusammenhang mit den konstitutionellen Verfassungsbestre-
bungen. Sie haben 1862 zur Konstitutionellen Verfassung geführt, die
erstmals die Volksvertretung, den Landtag, an der gesetzgebenden
Gewalt beteiligt. Es darf, wie es in $ 24 Abs. 1 heisst, ohne seine Mit-
wirkung und Zustimmung kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert
oder authentisch erklärt werden. Es steht ihm auch wie dem Landes-
fürsten das Recht zu, Gesetzesinitiativen zu ergreifen, d. h. Gesetzes-
vorschläge einzubringen.! Der Umfang dieser Befugnisse des Landtages
hängt demnach vom Begriff des Gesetzes und der Abgrenzung von
Gesetz und Verordnung ab.? Die Konstitutionelle Verfassung von 1862
enthält keine Regelung, aus der entsprechende Abgrenzungskriterien
entnommen werden könnten.?
1 Siehe $ 41 KV 1862 und vorne S. 104.
2 Vgl. vorne S. 115 ff. und Ernst-Wolfgang Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende
Gewalt, 5. 78.
3 Cyrus Beck, Rechtsstaatliche Elemente, S. 200 verweist auf die Formel «Freiheit
und Eigentum», wonach ein Erlass, der in die persönliche Freiheit oder das Eigen-
tum des Bürgers eingriff, in Gesetzesform ergehen musste, und auf die Gesetzes-
vorbehalte, die die Konstitutionelle Verfassung 1862 in wichtigen Materien kannte.
Vgl. auch ders., Der Vorbehalt des Gesetzes der liechtensteinischen konstitutionel-
len Verfassung von 1862, S. 109 und 123 und vorne S. 117 ff.
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