Einleitung
Es stellt sich die Frage, an welche historische Daten die Erörterungen
anknüpfen sollen. Unter einem verfassungsgeschichtlichen Aspekt ist
der Blick auf die Dienstinstruktionen aus dem Jahr 1808 zu richten. Sie
beinhalten «neues Verfassungsrecht»! und bedeuten einen «Umsturz»
bisherigen Rechts.? Die Zeit des Rheinbundes (1806) und des Deutschen
Bundes (1815) markieren die Anfänge einer neuen politischen Ord-
nung.? Mit dem Rheinbund werden die Souveränität und «Staatswer-
dung» des Fürstentums Liechtenstein in Verbindung gebracht,* die im
Rahmen des Deutschen Bundes gefestigt werden.” Es sind in der Rhein-
bundzeit eine Vielzahl neuer Rechtsvorschriften ergangen, die auch
weitgehend die Epoche des Deutschen Bundes beherrschen.
Die hier vorgenommene zeitliche Eingrenzung lenkt das Augen-
merk auf die Kernphase der liechtensteinischen Verfassungsgeschichte
der Neuzeit (1806-1921), in der die Grundlagen des liechtensteinischen
Verfassungsstaates gelegt worden sind, der dann unter dem Konstitutio-
nalismus zur verfassungsstaatlichen Ordnung weiter entwickelt und aus-
gebaut worden ist, sodass die Grundstrukturen der konstitutionell-
monarchischen Staatsordnung, wie sie noch in der geltenden Verfassung
von 1921 zum Vorschein kommen, in ihrer vollen Tragweite erst vor
dem Hintergrund dieser verfassungshistorischen Entwicklung verständ-
lich werden.
Die Zeit des 18. Jahrhunderts wird nicht in diese Darstellung ein-
bezogen, obwohl sie zweifellos wichtige, geistesgeschichtliche Wirkun-
1 Brigitte Mazohl-Wallnig, Sonderfall Liechtenstein, S. 11.
2 Georg Malin, Politische Geschichte, S. 49 f.
3 "Thomas Würtenberger, Ansätze und Zielsetzungen einer Verfassungsgeschichte,
S. 128. Diese Aussage gilt auch für das Fürstentum Liechtenstein. Vgl. auch Volker
Press, Das Fürstentum Liechtenstein, 5. 62 f.
4 Vgl. für Liechtenstein Georg Schmidt, Fürst Johann I., S. 387 ff.; Georg Malin, Poli-
tische Geschichte, S. 5, 51 ff., insbesondere S. 55 mit weiteren Hinweisen; ders., Die
Souveränität Liechtensteins, S. 13 ff.
5 Vgl. etwa den Fürstlichen Erlass vom 19. März 1848, abgedruckt in: LPS 8, S. 263
(im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>), wo Fürst Alois erklärt, sein Vater
und er seien immer überzeugt gewesen, dass die «so wichtige Selbständigkeit des
Landes» nur im «Verbande mit Deutschland» erhalten werden könne. So auch wie-
der in Ziffer 9 der Konstitutionellen Übergangsbestimmungen vom 7. März 1849,
abgedruckt in: LPS 8, S. 269 (im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>). Vgl.
auch Volker Press, Das Fürstentum Liechtenstein, 5. 63 f.
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