Rechtscharakter der politischen Rechte
Zur Gültigkeit eines jeden Gesetzes ist ausser der Zustimmung des Land-
tages, die eine Volksabstimmung ersetzen kann, auch die Sanktion des
Landesfürsten erforderlich. Kommt es über einen Gesetzesbeschluss”®
des Landtages zu einer Volksabstimmung und wird er angenommen,
wird der Akt der Gesetzgebung durch die Sanktion des Landesfürsten
abgeschlossen, der ausserhalb der Kompetenz von Volk und Landtag
stattfindet. Das heisst, dass sich der Geltungsbereich der politischen
Rechte nicht auf diesen gesetzgeberischen Verfahrensabschnitt erstreckt.
Verweigert der Landesfürst die Sanktion, kommt das Gesetz nicht zu-
stande. Der in der Volksabstimmung angenommene Gesetzesbeschluss
des Landtages fällt dahin’! bzw. ist gegenstandslos. Dieses Ergebnis wiegt
in der Konsequenz gleich viel, wie wenn der Gesetzesbeschluss («Vor-
lage») in der Volksabstimmung «verworfen» wird.’”? Die Volksabstim-
mung findet ihre Grenze am Sanktionsrecht des Landesfürsten.
2. Sanktionsrecht als Voraus-Veto des Landesfürsten
Vor diesem Hintergrund fragt es sich, wie es sich mit dem verfassungs-
mässigen Schutz der politischen Rechte des (Stimm-)Volkes verhält,
wenn der Landesfürst das Sanktionsrecht als Voraus-Veto im Abstim-
mungsverfahren bei Initiativ- und Referendumsbegehren in Anspruch
nimmt. Unbestritten ist, dass ihm im Abstimmungsverfahren wie dem
Landtag und der Regierung ein Äusserungsrecht zusteht. So hat der
Staatsgerichtshof die Ansicht vertreten, es sei dem Landesfürsten «die
verfassungsimmanente Befugnis nicht abzusprechen, sich auch im Hin-
blick auf einen grundlegenden Urnengang richtungweisend an die
Nr. 235 aufgehoben worden. Zur Begründung siehe BuA Nr. 43/2004 der Regierung
vom 18. Mai 2004, S. 10 f. Die Stimmpflicht kommt so gesehen «einem Appell an
das Pflichtbewusstsein der Bürger gleich». So Martin Batliner, Politische Volks-
rechte, S. 47. Vgl. auch Bernhard Ehrenzeller/Rafael Brägger, Politische Rechte,
$. 643 Fn. 18.
70 Das gilt auch für andere Beschlüsse des Landtages. Siehe Art. 75a, 77, 78 und 78a
VRG, die sich auf einen Landtagsbeschluss, der einen Staatsvertrag zum Gegenstand
hat, oder auf Verfassungs-, Gesetzes- und Finanzbeschlüsse des Landtages beziehen.
71 Formulierung nach Art. 78 Abs. 4 VRG.
72 Formulierung nach Art. 78 Abs. 4 VRG.
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