Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Ausschliesslicher Kompetenzbereich des Landesfürsten — Alleinzuständigkeiten 
stehungsgeschichte. Die Verfassung von 1921 überträgt denn auch das 
Begnadigungsrecht dem Landesfürsten bzw. belässt es bei ihm. Die Ver- 
fassung von 1921 schränkt das Begnadigungsrecht gegenüber dem bishe- 
rigen Recht nicht ein, sodass sich eine neue Deutungsweise nicht auf- 
drängt, sieht man von Art. 12 Abs. 2 ab, der das Recht der Begnadigung 
und Strafmilderung zugunsten eines wegen seiner Amtshandlungen ver- 
urteilten Mitgliedes der Regierung an den Antrag des Landtages bindet. 
II. Begnadigungsrecht 
1. Begriff und Inhalt 
Das Begnadigungsrecht wird in Art. 12 Abs. 1 LV in einem umfassenden 
bzw. in einem engeren und weiteren Sinne verstanden. Es beinhaltet ei- 
nerseits die Befugnis, im Einzelfall eine rechtskräftig zuerkannte Strafe 
ganz oder teilweise zu erlassen, sie umzuwandeln oder ihre Vollstreckung 
auszusetzen und andererseits ein bereits eingeleitetes Verfahren nieder- 
zuschlagen.!® Die Begnadigung setzt mit anderen Worten die Rechts- 
kraft eines Urteils voraus, während die Niederschlagung ein Verfahren 
meint, das noch nicht durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossen ist. 
Die Niederschlagung wird allgemein auch als Abolition bezeichnet. 
Das Begnadigungsrecht umfasst sowohl individuell-konkrete als 
auch generell-abstrakte Akte, schliesst also auch Amnestien ein, die 
keine Einzelfallentscheidung darstellen.!77 In der Praxis kann eine 
  
176 Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 176 f.; Ernst Pappermann, Die Re- 
gierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 125; Gregor Steger, Fürst und Landtag, 
S. 90. 
177 Vgl. Gregor Steger, Fürst und Landtag, S. 91, der ausführt: «Die Begnadigung ist 
entweder eine Einzelbegnadigung, nämlich zu Gunsten individuell bestimmter Per- 
sonen, oder eine Amnestie zu Gunsten einer nach sachlichen Gesichtspunkten 
bestimmten Personenmehrheit.» Vgl. auch Günther Winkler, Begnadigung und 
Gegenzeichnung, S. 15. In der deutschen Staatspraxis wird nach Johann-Georg 
Schätzler, Handbuch des Gnadenrechts, S. 15 unterschieden zwischen der Begnadi- 
gung, die eine «Einzelfallentscheidung in Form eines Aktes der Exekutive» ist und 
der Amnestie, die im Gegensatz zur Gnade keine Einzelfallentscheidung ist, «son- 
dern Straffreiheit (und/oder Strafmässigung) für viele nach allgemeinen Merkmalen 
in der Form des Gesetzes». Danach gehört in Abgrenzung zur Begnadigung die Ge- 
setzesform zum Begriff der Amnestie (S. 123). 
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