Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Ausschliesslicher Kompetenzbereich des Landesfürsten — Alleinzuständigkeiten 
Sicht auch den Landtag als Institution und schränkt das Auflösungsrecht 
des Fürsten ein. Dieser Standpunkt entsprach der Lehre und Praxis des 
Staatsrechts des monarchischen Konstitutionalismus.!*® Die Vertagung 
und Auflösung des Landtages hatten ihren Rechtsgrund im monar- 
chischen Prinzip. !°° Die Konstitutionelle Verfassung von 1862 hat denn 
auch die Gegenzeichnung nur für Gesetze und Verordnungen vorgese- 
hen. Einzig die Einberufung des Landtages ist in die Rechtsform der 
Verordnung zu kleiden, nicht aber die Vertagung und Auflösung, sodass 
eine Gegenzeichnung entfällt.!51! Diese beiden Rechtsinstitute spielten in 
der damaligen Staatspraxis kaum eine Rolle.!52 
Die Stellung des Landtages in der Verfassung von 1921 ist nur mehr 
beschränkt mit derjenigen in der Konstitutionellen Verfassung von 1862 
vergleichbar. Das parlamentarische Element wird aufgewertet und ver- 
stärkt, wie dies auch Art. 2 LV 1921 zu entnehmen ist. 
Es wäre wohl mit dem neu definierten Zusammenwirken von Lan- 
desfürst und Volk bzw. Landtag kaum zu vereinbaren, wenn man Akte 
wie die Vertagung und Auflösung des Landtages, «die von zentraler Be- 
deutung für den Staat und das Staatsleben sind und einschneidende Mass- 
nahmen enthalten können», vom Gegenzeichnungserfordernis ausneh- 
men würde.!® Der Regierungschef übernimmt mit der Gegenzeichnung 
die politische Verantwortung gegenüber dem Landtag. Diese Auffassung 
setzte sich im deutschen Staatsrecht schon 1911 durch.!** Die Konstitu- 
tionelle Verfassung von 1862 kannte aber noch keine politische Verant- 
wortlichkeit der Regierung bzw. des Landesverwesers gegenüber dem 
Landtag. Sie bzw. der Landesverweser waren existenziell auf den Landes- 
  
149 Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 233. 
150 So Dieter C. Umbach, Parlamentsauflösung, S. 90. 
151 Siehe $ 94 Abs. 2 Amtsinstruktion von 1862. 
152 Siehe als Beispiele die Vertagung des Landtages in der Zeit vom 19. August bis 
25. Oktober 1895 und dazu Albert Schädler, Landtag, in: JBL Bd. 4 (1904), S. 42-45. 
Zu einer Auflösung des Landtages ist es im Zusammenhang mit dem Münzgesetz 
am 18. Januar 1877 und im Zusammenhang mit der Wahlordnung am 19. Februar 
1878 gekommen. Vgl. dazu Albert Schädler, Landtag, in: JBL Bd. 3 (1903), S. 29-31 
und 3337. 
153 Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 237 f. unter Bezugnahme auf Hans von 
Frisch, Die Verantwortlichkeit von Monarchen, S. 355, der diese Position für die 
ausgehende konstitutionelle Monarchie vertrat. 
154 Siehe Michael Elicker, Gedanken zum Ende der Monarchie, S. 211. 
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