Misstranensantrag und politische Verantwortlichkeit
von politischer Kontrolle» über die Person des Landesfürsten als Staats-
oberhaupt oder gar als ein «sprechender Ausdruck» für die politische
Verantwortlichkeit der Person des Fürsten gedeutet. Der Landesfürst
soll «als einer der beiden souveränen Träger der Staatsgewalt» dem Volk
auch politisch verantwortlich sein.
Nach dem dieser Regelung zugedachten Sinn soll sie «einer forma-
len staatsrechtlichen Sanktionierung einer begründeten staatspolitischen
Kritik des Volkes am Verhalten des Fürsten als Staatsoberhaupt die-
nen».
IV. Bewertung
Diese verfassungsrechtliche Einschätzung erweckt den Eindruck, als ob
das Stimmvolk politisch die Verantwortlichkeit des Fürsten einfordern
könnte. Sie verkennt den Rechtscharakter des Antragsrechts, das gemäss
Art. 13ter LV nicht zu einer Entscheidung durch das Stimmvolk führt.
Es lässt sich in seiner rechtlichen Qualität mit den Vorstellungen, Peti-
tionen und Beschwerden von Einzelnen wegen Mängeln und Missbräu-
chen in der Landesverwaltung oder der Rechtspflege an den Landtag
vergleichen, wie sie dem monarchischen Konstitutionalismus der Verfas-
sung von 1862 eigen waren. Der Landtag konnte sie nach $ 42 KV 1862
direkt an den Landesfürsten richten, wobei der Landtag von der Erledi-
gung der Beschwerden oder vom Ergebnis der Untersuchung «jeder-
zeit» unterrichtet wurde.
Der Misstrauensantrag kann als politisches Kontrollmittel verstan-
den werden, das eine Missbilligung der Amtsführung des regierenden
53 Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 181.
54 Kritisch zum Misstrauensantrag des Volkes unter dem Aspekt der indirekten demo-
kratischen Legitimation des regierenden Fürsten und der Institution der Monarchie
Gerard Batliner, Aktuelle Fragen, S. 106 ff. Rz. 206 ff., der diese indirekte Legiti-
mation, die mit der Einführung eines Misstrauensantrages bewirkt werden soll, als
«ein(en) Irrtum und eine Selbsttäuschung» bezeichnet, da unter «demokratischer
Legitimation durch das Volk (Aktivbürgerschaft)» ein aktiver Akt, eine Wahl, zu
verstehen ist.
55 Günther Winkler, Verfassungsreform, S. 308.
56 Diese Bestimmung ist in anderer Form in Art. 63 Abs. 2 LV aufgenommen worden.
Siehe Näheres dazu hinten S. 530 ff.
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