Absolute Immunität
gegenüber dem Landesfürsten. Sie stellt ihn den anderen Staatsorganen
direkt gegenüber und macht ihn etwa bei Gesetzen zum «Mitgesetz-
geber» und bei Staatsverträgen zum «Mitbeschlussorgan».
2. Funktion und Anwendungsbereich
In der Literatur und Praxis ist allerdings die Funktion der Gegenzeich-
nung ebenso unklar wie der Anwendungsbereich umstritten ist. Es steht
beispielsweise nicht fest, welche Staatsakte des Fürsten zum Kreis der
gegenzeichnungsbedürftigen Erlasse und Verordnungen zählen.? Unbe-
stritten ist, dass das Gegenzeichnungsrecht alle Akte des Fürsten erfasst,
die er hoheitlich, d. h. in seiner Funktion als Staatsoberhaupt setzt.” Ihm
unterliegen zumindest die schriftlichen, nach aussen wirkenden rechtli-
chen Entscheidungen, d. h. Hoheitsakte, die für die Allgemeinheit und
die Behörden «Rechtsfolgen» zeitigen.? Ausgenommen davon sind
35 Gerard Batliner, Aktuelle Fragen, S. 48 Rz. 90. Er äussert sich ausführlich zum Ge-
genzeichnungsrecht und seinen Schwächen im Rechtsschutzsystem wie auch im po-
litischen System (S. 44 ff., insbesondere S. 47 f. Rz. 88 f.).
36 Vgl. zu den nichtschriftlichen Akten des Fürsten bzw. zur Gegenzeichnungsbe-
dürftigkeit von Unterlassungen und von Reden oder sonstigen nichtschriftlichen
Äusserungen des Fürsten Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 274 ff. mit
weiteren Hinweisen auf die in der liechtensteinischen Literatur vertretenen Rechts-
ansichten; vgl. auch Gerard Batliner, Aktuelle Fragen, S. 48 Rz. 89; ders., Memo-
randum, S. 2 und 9 ff.; Günther Winkler, Begnadigung und Gegenzeichnung,
S. 55 ff., der die «Staatsakte» des Fürsten aufzählt und gleichzeitig anführt, «ob sie
nur vom Fürsten zu unterschreiben sind und ob sie auch der Gegenzeichnung des
Regierungschefs unterliegen, sofern sie schriftlich ergehen».
37 Vgl. Gerard Batliner, Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 89 f.;
ders., Schichten, S. 291 und Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 218. Zur
Sanktion als Akt der Gesetzgebung siehe hinten S. 374 ff.
38 In Anlehnung an Edwin Loebenstein, Die Stellvertretung des Landesfürsten, S. 110.
Vgl. Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 210 ff., die unter Bezugnahme auf
Edwin Loebenstein auf die Rechtsqualität des jeweiligen fürstlichen Aktes abstellt.
Demnach umfasst das Gegenzeichnungsrecht «alle durch den Fürsten vorgenom-
menen schriftlichen, auf verbindliche Rechtswirkung gerichteten Hoheitsakte».
Siehe auch Georg Meyer / Gerhard Anschütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts,
S. 277. Nach ihm erstreckt sich das Erfordernis der Kontrasignatur «ohne Aus-
nahme auf alle Regierungsakte, d. h. alle Akte des Monarchen, welche von ihm in
Ausübung der Staatsgewalt vorgenommen werden — sofern sie, was nicht schlecht-
hin notwendig ist, in schriftlicher Form ergehen». Günther Winkler, Begnadigung
313