2. Abschnitt
Staatsrecht und Hausrecht
$4 HAUSGESETZLICHE REGELUNGEN
I. Allgemeines
Dass sich das Staatsrecht vom Privatrecht abgelöst hat, war für die Ent-
wicklung staatlicher Rechtspersönlichkeit von zentraler Bedeutung.”
Das Staatsrecht setzte sich gegenüber dem Privatrecht und damit auch
gegenüber dem Privatfürstenrecht durch. Es wurden Hausgesetze ın
staatlicher Gesetzesform geschaffen.’® Da die Hausgesetze mit dem
neueren Staatsrecht schwer zu vereinbaren waren, weil sie tief in das Ver-
fassungsgefüge eingriffen, wurden sie im 19. Jahrhundert von der
Genehmigung des Staates abhängig gemacht. Die Hausgesetze der deut-
schen regierenden Häuser wurden oft in die Staatsverfassungen aufge-
nommen, so insbesondere die Normen über die Thronfolge,”? wie es zur
Zeit der Entstehung der Konstitutionellen Verfassung von 1862 der
Staatsrechtslehre entsprach. Danach sind die staatsrelevanten Materien
des Hausrechts dem formellen Verfassungsrecht zuzuordnen.® Die erb-
liche Thronfolge stellte nunmehr eine öffentlich-rechtliche Form der
Amtssukzession bzw. des Anspruchs auf die höchste Organstellung im
Staate und nicht mehr einen privatrechtlichen Anspruch dar. Ein
77 Vgl. Winfried Klein, Die Domänenfrage im deutschen Verfassungsrecht, S. 50.
78 Vgl. Winfried Klein, Die Domänenfrage im deutschen Verfassungsrecht, S. 44.
79 Vgl. Adalbert Erler, Hausgesetze, S. 2027; vgl. auch die Verfassungsurkunden für
das Königreich Bayern 1818 und für das Königreich Württemberg 1819, publiziert,
in: Hans Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1,
S. 156 ff. bzw. 188 ff.; vgl. auch die $$ 40 bis 46 des Verfassungsentwurfs des ständi-
schen Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848.
80 Vgl. Cyrus Beck, Der Vorbehalt des Gesetzes der liechtensteinischen konstitutio-
nellen Verfassung von 1862, S. 157 f. mit weiteren Hinweisen.
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