Verfassungsstreitigkeiten
Gesammtheit der Landesangehörigen und als solches berufen, deren
Rechte gegenüber im Verhältnisse zur Regierung» (Fürsten) geltend zu
machen.?® Man hatte Bedenken und hielt sich auch zurück, «hochpoli-
tische» Entscheidungen in die Hand von Richtern zu legen,?* die im
«Auftrage des Fürsten» ihr Amt «verwalteten».?
3. Bedeutungsloses Verfassungsrecht
Aus diesen Gründen kam denn auch das nach $ 122 der Konstitutionel-
len Verfassung von 1862 vorgesehene Bundesschiedsgericht nie zum
Zuge. So bleibt das Institut der Verfassungsstreitigkeit in der Praxis ohne
nennenswerte Auswirkungen und $ 122 der Konstitutionellen Verfas-
sung von 1862 totes Recht.
III. Verfassung von 1921
1. Duale Verfassungsstruktur und mögliche Verfassungskonflikte
Die Erfahrungen des konstitutionell-monarchischen Staatsrechts des
19. Jahrhunderts lehrten, dass es zwischen «Regierung (Fürst) und
Landtag» zu Verfassungskonflikten kommen konnte und dass sie durch
den Staatsgerichtshof entschieden werden sollten. Es ist diese dualisti-
sche Struktur der Verfassung, die zum Staatsgerichtshof als streitent-
scheidender Instanz geführt hat. Neutral kann nur ein von seiner Funk-
tion her dazu verpflichtetes Gericht sein, wie es der Staatsgerichtshof
darstellt. Das während der Zugehörigkeit zum Deutschen Bund in $ 122
KV 1862 vorgesehene Verfahren für Streitigkeiten aus dem Verfassungs-
recht vor dem Bundesschiedsgericht erinnert daran, dass die Verfas-
sungsgerichtsbarkeit als eine Funktion zu begreifen ist, die dazu dient,
gesellschaftlich befriedend und ausgleichend zu wirken, schiedsrichter-
293 Siehe $ 39 KV 1862.
294 Klaus Schlaich / Stefan Korioth, Bundesverfassungsgericht, S. 2 Rz. 1.
295 Vgl. $33 KV 1862.
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