Demokratisierung und Parlamentarisierung der konstitutionellen Erbmonarchie
c) Nationalitätsfrage
Mit der Frage der Parlamentarisierung der Regierung hängt in einem
gewissen Sinne auch die Nationalitätsvorschrift zusammen, wonach der
Regierungschef bzw. die Regierungsmitglieder «gebürtige» Liechtenstei-
ner sein müssen.?® Sie richtete sich gegen die einseitige fürstliche Ernen-
nung von österreichischen Staatsbürgern zu Landesverwesern, wie dies
unter der Konstitutionellen Verfassung von 1862 die Regel gewesen ist.
Diese Nationalitätsvorschrift bedeutete so gesehen einen Machtverlust
des Landesfürsten.
III. Verfassungsnovelle von 1965
1. Bestellungsverfahren der Regierung
1965 wurde das Bestellungsverfahren und die Zusammensetzung der
Regierung derart geändert, dass sie fünf Mitglieder zählt, die auf die glei-
che Weise vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem Landtag auf des-
sen Vorschlag ernannt werden.?!° Demnach werden auch die Regie-
rungsräte, die bisher der Landtag gewählt hatte, dem Einvernehmen
zwischen Landesfürst und Landtag unterstellt. Die Amtsdauer ist für die
Regierungsmitglieder generell an jene des Landtages gekoppelt worden
und beträgt vier Jahre. Es wird nicht mehr zwischen der Amtsdauer des
Regierungschefs und jener der anderen Regierungsmitglieder unter-
schieden. Insoweit ist die Parlamentarisierung der Regierung ausgedehnt
worden, als auch der Regierungschef an die Amtsdauer des Landtages
gebunden wird, wie dies 1921 die Regierungsvorlage festgesetzt hatte.
Dagegen bedeutet die Ernennung der Regierungsräte durch den Fürsten,
dass der monarchische Einfluss verstärkt wurde.?!! Die bisherige Bestä-
tigung des Fürsten setzte eine Wahl der Regierungsräte durch den Land-
tag voraus. Die Wahl und die Bestätigung der Wahl sind formell-recht-
lich nicht gleich zu gewichten, auch wenn faktisch in beiden Fällen ein
209 Siehe Art. 79 Abs. 1 und 2 LV 1921. Der Begriff «gebürtig» wurde durch Verfas-
sungsgesetz vom 16. März 2003, LGBl. 2003 Nr. 186, fallen gelassen.
210 LGBl. 1965 Nr. 22.
211 Vgl. Herbert Wille, Regierung und Parteien, S. 117 f.
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