Parlamentarische Regierungsteilhabe
2. Verantwortlichkeit der Regierung
a) Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck
Wilhelm Beck unterscheidet in seinem Verfassungsentwurf von 1919
zwischen der politischen bzw. parlamentarischen und der rechtlichen
bzw. staatsgerichtlichen Verantwortlichkeit der Regierung.
aa) Politische Verantwortlichkeit
Die Regierung ist dem Landesfürsten und dem Landtag verantwortlich
(Art. 59). Da «parlamentarisch regiert» wird, hat «ein Regierungsmit-
glied von seiner Stelle zurückzutreten, wenn es das Vertrauen der Volks-
vertretung nicht mehr besitzt» (Art. 62 Abs. 1). Bei diesem Vorschlag
fällt auf, dass er auf die Verantwortlichkeit gegenüber dem Landesfürs-
ten nicht Bezug nimmt bzw. sie ausschliesst, obwohl sie in grundsätzli-
cher Weise erwähnt, aber nicht konkretisiert wird. Lässt man aus diesem
Vorgehen eine mögliche Unausgewogenheit ausser Betracht, könnte
man es für konsequent halten, denn aus dem System der parlamentari-
schen Regierungsweise folgt, dass der Landtag allein über die Entlassung
der Regierung bzw. eines Regierungsmitgliedes bestimmt.
ab) Staatsrechtliche Verantwortlichkeit
Die staatsrechtliche Verantwortlichkeit besteht darin, dass der Staatsge-
richtshof «die Verantwortlichkeit der Regierungsmitglieder und Beam-
ten, allenfalls Anklagen des Landtagsvertreters gegen die Regierung»
beurteilt (Art. 79 Abs. 2). Gegenstand der Verantwortlichkeit sind
Amtshandlungen, die Verfassung und Gesetze verletzen. Die Regie-
rungsmitglieder werden in diesem Zusammenhang den Beamten gleich
gehalten.!?! Die Anklage setzt ein Verschulden voraus. Ein solcher Kon-
nex besteht bei der politischen Verantwortlichkeit nicht.
191 Vgl. Art. 48 Abs. 1 Bst. f des Verfassungsentwurfs von Wilhelm Beck, wonach dem
Landtag das Recht des Antrags auf Anklage wegen Verfassungs- und Gesetzesver-
letzung der «verantwortlichen Staatsdiener» vor dem Staatsgerichtshof zukommt.
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