Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Verfassungsrevision von 1921 
2. Verfassung als konstitutive Grundlage 
a) Gemeinsame verbindliche Basis 
Die Teilung der Staatsgewalt zwischen Fürst und Volk ist so gesehen eine 
Absage sowohl an die Fürsten- als auch an die Volkssouveränität. Die 
Verfassung gründet demnach weder auf der Fürsten- noch auf der Volks- 
souveränität. Ein solches Konzept verlangt, dass die Kompetenzen bzw. 
Zuständigkeiten in der Verfassung festgelegt werden.!!7 Sie verankert 
und konstituiert denn auch in Art. 2 nicht nur die Staatsgewalt im Fürs- 
ten und im Volk, sondern bindet sie bei deren Ausübung auch an die 
Bestimmungen der Verfassung.!!® Sie wird dadurch für Fürst und Volk 
bzw. Landtag zur gemeinsamen verbindlichen Basis. Das heisst, dass 
ihnen die Staatsgewalt nur so zusteht, wie die Verfassung sie ihnen 
zuordnet und damit auch begrenzt.!!? Ausgeschlossen sind damit Legiti- 
mationsvorstellungen vorkonstitutioneller oder transzendentaler Prove- 
nienz, wie beispielsweise das Gottesgnadentum.!2° 
b) Verfassung als «verbindlicher Kompromiss» 
und Vorrang der Verfassung 
Die Verfassung ist der «höherrangige verbindliche Grundkonsens», auf 
den sich beide Seiten einigen.!?! Das Charakteristische an dieser Lösung 
ist, dass die Verfassung selber der «verbindliche Kompromiss» ist. Das 
bedeutet, dass im Konfliktfall nicht jeweils ein Kompromiss zwischen 
Landesfürst und Landtag gefunden werden muss, wie dies unter dem 
Regime der Konstitutionellen Verfassung von 1862 der Fall gewesen ist. 
Auf dieser Basis konnte auch zur Streiterledigung eine unabhängige Ver- 
117 Vgl. beispielsweise die Formulierung bei Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, 
S. 179, wonach es bei diesem besonderen Verfassungssystem nicht den rechtsstaatli- 
chen Grundsätzen widerspreche, «wenn dem Fürst als Träger der Staatsgewalt 
durch die Verfassung die Kompetenz verliehen wird.» 
118 Vöel. für den Landesfürsten Art. 7 Abs. 1 LV, für den Landtag Art. 45 Abs. 1 LV und 
für die Regierung Art. 78 LV. 
119 Günther Winkler, Staatsverträge, S. 113; vgl. zu der Aufteilung der Kompetenzen 
zwischen Landesfürst und Volk Hans Nawiasky, Rechtsgutachten, S. 3 f.; zu den 
Befugnissen des Fürsten Günther Winkler, Verfassungsrecht, S. 32 f. 
120 Formulierung in Anlehnung an Horst Dreier, Grundlagen, S. 62 Rz. 108. 
121 Vgl. Werner Heun, Das monarchische Prinzip und der deutsche Konstitutionalis- 
mus, S. 55. 
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