Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Art und Umfang der Verfassunggebung 
fassung existiert, also bei noch intakter bisheriger Verfassung, wie es 
1921 bei der Konstitutionellen Verfassung von 1862 der Fall gewesen ist. 
II. Totalrevision 
Die Verfassungslage beantwortet die vorgängig in der Diskussion aufge- 
tretene Frage, ob eine Totalrevision oder nur eine Partialrevision in die 
Wege zu leiten sei.® Gemessen am Inhalt und Umfang der Veränderung 
gegenüber der Konstitutionellen Verfassung von 1862 stellt die Verfas- 
sung von 1921 mehr als nur eine Partial- oder Teilrevision dar. Dies 
macht schon die Entstehungsgeschichte deutlich. Hinreichend Auf- 
schluss gibt ein Strukturvergleich des neuen mit dem alten Verfassungs- 
recht in formeller und materieller Hinsicht.® 
Unterscheidet man zwischen formeller und materieller Verfas- 
sungsrevision,® so werden bei der formellen Totalrevision sämtliche 
Artikel der alten Verfassung durch eine neue Verfassung ersetzt, wobei 
unwesentlich ist, ob die neuen Artikel inhaltlich zum Teil mit denen der 
82 Christian Winterhoff, Verfassung — Verfassunggebung, S. 193. 
83 Konservative und monarchistische Kreise bevorzugten anfänglich eine Partialrevi- 
sion. Vgl. Eduard von Liechtenstein, Liechtensteins Weg, S. 87; Herbert Wille, 
Regierung und Parteien, S. 92 f. Zum Begriff der «Verfassungsrevision» siehe Gerd 
Roellecke, Identität und Variabilität der Verfassung, S. 472 Rz. 39. Er versteht sie als 
«umfängliche Verfassungsänderungen nach einem breit angelegten Reformkon- 
zept». 
84 Die O.N. Nr. 72 vom 22. September 1920 berichten zu den Schlossabmachungen 
unter dem Titel «Zur Entwirrung der Landeskrise», dass es nach langen Bemühun- 
gen gelungen sei, gemeinsame Richtlinien für eine «Total-Verfassungsrevision» fest- 
zulegen. Siehe auch Rupert Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten, Bd. 2, S. 327. 
85 Die schweizerische Staatsrechtslehre unterscheidet zwischen materieller und for- 
meller Totalrevision. Von formeller Totalrevision spricht man, wenn die alte Verfas- 
sung durch eine neue ersetzt wird, m. a. W. alle Artikel der alten Verfassung in die 
Reform einbezogen werden. Eine Totalrevision in materieller Hinsicht liegt vor, 
wenn die Verfassung in ihren Grundzügen geändert wird, wobei sie zwangsläufig 
mit einer formellen Totalrevision verbunden ist. Unter einer formellen Partial- oder 
Teilrevision versteht man eine Änderung von einzelnen Bestimmungen der Verfas- 
sung. Wenn eine Vorschrift der Verfassung ohne formelle Anpassung durch eine 
andere, neue Vorschrift inhaltlich geändert wird, ist von einer materiellen Partial- 
oder Teilrevision die Rede. Vgl. zum Ganzen Yvo Hangartner, Vorbemerkungen zu 
Art. 192-195 BV, S. 2856 ff. Rz. 17 ff. mit weiteren Literaturhinweisen. Aus liech- 
tensteinischer Sicht siehe Martin Batliner, Politische Volksrechte, 5. 147 ff. 
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