Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Zentrale Verfassungsfragen 
ten des Deutschen Bundes in Art. 57 verbindlich fest, dass dem «Grund- 
begriffe» der Souveränität des Fürsten entsprechend «die gesammte 
Staats-Gewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt bleiben» und der 
Souverän «durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung 
bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden» 
konnte.“ Trotz dieser Abwehrhaltung gelingt es nicht, die Legitimation 
des Monarchen theoretisch abzusichern. Traditionelle Legitimationsvor- 
stellungen wie das Gottesgnadentum vermochten die widersprüchliche 
Stellung des konstitutionellen Fürsten, der souverän und zugleich an das 
positive Verfassungsrecht gebunden sein soll, nicht plausibel zu 
machen.“*?! 
Das monarchische Prinzip konnte keine originäre und vom Volk 
nachvollziehbare Legitimität mehr begründen,*” auch wenn die Konsti- 
tutionelle Verfassung von 1862 in ihrer Eingangsformel*® auf ältere 
Legitimationsweisen wie das Gottesgnadentum** zurückgreift, um die 
souveräne Gewalt des Fürsten rechtlich abzustützen. Ein solcher Legiti- 
mierungsversuch monarchischer Gewalt stiess allerdings schon damals 
auf Kritik.“ Das Prädikat der Heiligkeit konnte mit juristischen Mitteln 
490 Abgedruckt in: Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsge- 
schichte, Bd. 1, S. 99. 
491 Hans Boldt, Monarchie im 19. Jahrhundert, S. 207. 
492 "Thomas Würtenberger, Legitimität, Legalität, S. 734. 
493 Dort heisst es: «Wir Johann II. von Gottes Gnaden souveräner Fürst zu Liechten- 
stein [...]». 
494 Danach hat der Fürst seine Gewalt von Gott und nicht vom Volk. So Wolfgang Rein- 
hard, Geschichte der Staatsgewalt, S. 427. Auf dieser Grundlage wird das Konzept 
der Gewaltenteilung zurückgewiesen. Stefan Korioth, «Monarchisches Prinzip», 
S. 49. Nach Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der deutsche Typ der konstitutionellen 
Monarchie, S. 301 f. war das Gottesgnadentum, das zur Begründung des monar- 
chischen Prinzips dienen sollte, leer laufend und selbst nur eine politische Funktion. 
Es hätte seinen Sinn nur als Teil einer verbindlichen, religiös-sakralen Weltordnung 
entfalten können. Er verweist dabei auf Otto Brunner, der dem monarchischen Prin- 
zip eine Legitimitätsbegründung abspricht. Es sei der Ausdruck für die Stabilisie- 
rung einer gegebenen Machtlage, entbehre aber seinerseits einer geistigen Sinnbe- 
gründung. Das Gottesgnadentum als Rechtfertigung des monarchischen Prinzips 
habe nur im Rahmen einer religiös-sakralen Weltordnung eine tiefere Wirkung ent- 
falten können. Eine solchermassen fundierte Ordnung sei aber im 19. Jahrhundert 
zugunsten einer rational begründeten Herrschaftsordnung aufgegeben worden. So 
auch Thomas Würtenberger, Die Legitimität staatlicher Herrschaft, S. 239. 
495 Vgl. Edmund Bernatzik, Republik und Monarchie, S. 5, der vermerkt, dass «uns ein 
juristisches Kriterium der göttlichen Gnade fehlt». 
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