Volltext: Die liechtensteinische Staatsordnung

Monarchischer Konstitutionalismus 
III. Bundesschiedsgericht 
Das Bundesschiedsgericht, dem in $ 122 der Konstitutionellen Verfas- 
sung von 1862 die Kompetenz zu einer authentischen Interpretation der 
Verfassung zugewiesen wurde, kann von den beiden Konfliktsparteien, 
d. h. der fürstlichen Regierung und dem Landtag, nur angerufen werden, 
wenn sie sich darüber vorher geeinigt haben. Ein Fall des richterlichen 
Prüfungsrechts ist dies nicht.“ Die Konstitutionelle Verfassung ver- 
schliesst sich noch der Verfassungsgerichtsbarkeit, die mit der Souverä- 
nität des Fürsten nicht vereinbar ist. Dem steht eine gerichtliche Austra- 
gung von Verfassungsstreitigkeiten zwischen Landesfürst und Landtag 
entgegen. Jede Auslegungsfrage kann sich zu einem Verfassungsstreit 
ausweiten, der den zwischen den «Verfassungsorganen» in der Verfas- 
sung gefundenen Kompromiss infrage stellen würde.‘ Verfassungskon- 
flikte, die sich aus dem Dualismus von Fürst bzw. fürstlicher Regierung 
und Landtag (Volksvertretung) ergeben, sind nicht gerichtlich lösbar. 
Hier setzte sich folglich durch, wer die Macht innehatte. 
Das Bundesschiedsgericht ist bis zur Auflösung des Deutschen 
Bundes 1866 ohne Bedeutung geblieben.“ Es wurde vonseiten Liech- 
tensteins nie angerufen.*46 
$13 KONSTITUTIONELLE PRAXIS“ 
Da es beim dualistischen Verfassungssystem des monarchischen Konsti- 
tutionalismus auf die Kooperationsbereitschaft beider Akteure, Fürst 
bzw. fürstliche Regierung und Landtag, ankommt, ist ein Blick auf die 
politische Praxis zu werfen, um eine Aussage über die Machtverhältnisse 
in der Verfassungswirklichkeit treffen zu können. 
  
443 Werner Heun, Die Struktur des deutschen Konstitutionalismus, S. 372; Herbert 
Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, S. 14 f. 
444 Jörg Luther, Vorstufen europäischer Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 289 f.; siehe auch 
Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, S. 17 f. und 
22 ff. 
445 Dieter Grimm, Gewaltengefüge, Konfliktpotential und Reichsgericht, S. 261 f. 
446 Vgl. Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, S. 17 
und Florian W. Betz, Die Austrägalinstanz, S. 84. 
447 Dieser Begriff ist Dieter Grimm, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 155 entlehnt. 
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