nicht durchführbar oder nicht wünschbar angesehen wurde. Es bedurfte daher einer Reihe politischer und diplomatischer Schritte, um diese europapolitische Neuausrichtung zu erreichen. Als Botschafter in Bern und Chef der liechtensteinischen Verhandlungsdelegation gegenüber EG und EFTA wusste ich mich bei diesen Bemühungen durch meine aus- senpolitischen Vorgesetzten unterstützt und
gedeckt. Die Verhandlungen zum EWR-Abkommen Allgemeiner Verhandlungsverlauf Nach dem Verhandlungsangebot Delors signalisierten die EFTA-Minis- ter ihre Zustimmung, ein EWR-Abkommen anzustreben und Sondie- rungsgespräche starteten, um die einzelnen Verhandlungsmaterien zu definieren und Lösungsoptionen auszuarbeiten. Der Abstimmungsbe- darf innerhalb der EFTA war gross, nachdem der EG jeweils gemein- same Positionen zu übermitteln und häufig divergierende Interessen zu überbrücken waren. Die Verhandlungsführung und -Koordination lag bei einer Gruppe hoher Beamter, die von den EFTA-Regierungen und der Kommission entsandt wurden. Darunter gab es Untergruppen und Expertenkomitees für die verschiedenen Verhandlungsbereiche. Alle paar Monate evaluier- ten Ministersitzungen die Fortschritte und bestimmten den weiteren Verhandlungsverlauf. Nachdem sich EG und EFTA in diesen Sondierungen in über einem Jahr angenähert hatten, wurden in weitgehend gleicher Zusammenset- zung die formellen Verhandlungen im Juni 1990 begonnen. Schwer lös- bare Verhandlungsmaterien lagen dabei aber noch auf dem Tisch. Dazu gehörten weiterhin, ob einzelne EFTA-Staaten Ausnahmen vom Rechts- bestand (Acquis) des Binnenmarkts haben könnten, die innenpolitisch schwierig zu verkaufen wären, der Einbezug der EFTA-Staaten bei der Entscheidungsfindung für neue Rechtsakte, die Ausgestaltung und Kompetenzen der zu schaffenden EFTA-Institutionen sowie materielle Bereiche, wie der Handel mit Landwirtschaftserzeugnissen und Fisch, Umweltstandards (wegen der höheren Standards bei den EFTA-Staaten). Dazu kamen noch eine Vielzahl von Problemen, die spezifisch dem einen oder anderen Verhandlungspartner zuzuordnen waren. 82Nikolaus
von Liechtenstein