Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

vor Ende des Jahrhunderts Mitglied der EU sein werde, weshalb der gestaltenden Mitwirkung – ausser viel später bei Schengen/Dublin – kaum Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Man paraphierte, ohne diesem Aspekt genügend Bedeutung beigemessen zu haben, weshalb die Verhandlungen vergleichsweise zügig und «erfolgreich» abgeschlossen werden konnten. Da die Schweiz alsdann nicht beigetreten ist, wird die «gestaltende Mitwirkung» von den damaligen Akteuren heute als Fik- tion beschrieben, was als subjektive Rechtfertigung verständlich ist. Dazu kommt, dass die ersten bilateralen Verträge weitgehend Kapitel aus dem EWR darstellen, dies allerdings ohne den institutionellen EWR- Überbau, der die gestaltende Mitwirkung, die gemeinsame Überwa- chungsbehörde und den EFTA-Gerichtshof beinhaltet. So wurde der EU ein falsches Signal verabreicht, nämlich: Wir seien offenbar an der gestaltenden Mitwirkung nicht mehr interessiert, weshalb diese auch nicht prioritär auf die Traktandenliste gesetzt worden ist. Damit wurde der EU ein Bruch in unserer Europapolitik signalisiert. Als Folge hiervon übernehmen wir permanent EU-Recht, ohne an dessen Ausarbeitung beteiligt gewesen zu sein. Und falls man schon vor Beginn der Verhandlungen (z.B. über die Finanzdienstleistungen) erklärt, diese «auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Besitzstandes» aufnehmen zu wollen, hat man auf die gestaltende Mitwirkung von Anfang an verzichtet. So wird das relevante EU-Recht im angeblich «autonomen» Nachvollzug nicht nur massiv übernommen; neuerdings verlangt die EU auch, dass ehemaliges und küftiges EU-Recht unbese- hen ins schweizerische Recht übergeführt wird. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ja der Tragik, dass jene, die den EWR seinerzeit als einen der Schweiz unwürdigen Vertrag abquali- fiziert haben, heute die bilateralen Verträge hochloben, obwohl diese eine viel grössere Satellisierung der Schweiz beinhalten als der EWR, nämlich die sektorielle Kolonialisierung. Das Ausmass des autonomen Nachvollzugs bestimmt den Grad der 
einseitigennationalen Abhängigkeit. Damit ergeben sich für unsere Europa-Politik zwei entscheidende Fragen, nämlich: Wann ist der Grad des autonomen Nachvollzugs erreicht, bei welchem die Schweiz zur wirtschaftsrechtlichen EU-Kolonie mit lokaler Selbstverwaltung wird und damit den Beitritt bejahen muss? Oder umgekehrt: Wieviel wirt- schaftliche Nachteile ist die Schweiz bereit, in Kauf zu nehmen, um den autonomen Nachvollzug zu mildern und damit den Beitritt zu vermei- 73 
Die Konstanten im Verhältnis Schweiz/EU
	        

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