Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

betrugen. Es waren keine erdrutschartigen Siege oder Niederlagen, und trotzdem kippten die Mehrheitsverhältnisse jeweils. Im internationalen Vergleich ist gemäss Nachwahlbefragungen auch gegenwärtig in Liechtenstein noch ein hoher Anteil an Wählerin- nen und Wählern mit einer Parteibindung festzustellen – er bewegt sich bei rund 70 Prozent – und einem relativ geringen Anteil an Wechsel- wählern.20Die Volatilität ist allerdings tendenziell steigend. Hierzu hat unter anderem die Einführung des Frauenstimmrechts eine Rolle gespielt, da die neu wahlberechtigten Frauen vermutlich nicht die gleich starken Parteibindungen wie die Männer aufwiesen. Das Gleiche gilt für die grosse und zunehmende Zahl an Eingebürgerten, vielfach infolge Heirat. Ferner dürfte auch generell die gesellschaftliche Tendenz zu Individualisierung und Mobilität zur Lockerung der Parteibindungen beigetragen haben. Nicht zuletzt hat die jahrzehntelang boomende Wirt- schaft die Bedeutung des Staates als Arbeitgeber reduziert. Im Vergleich dazu herrschte in den 1930er-Jahren hohe Arbeitslosigkeit und die staat- lich geförderte Arbeitsvergabe, beispielsweise beim Bau des Binnenka- nals, war daher von höchster Bedeutung. Parteibindung konnte unter diesen Umständen nützlich 
sein. Migration, Integration, Wahlrecht In Liechtenstein bestehen besondere Verhältnisse, da infolge der Klein- heit des Landes und der hohen Mobilität ein Drittel der Bevölkerung keine liechtensteinische Staatsbürgerschaft aufweist. Andererseits leben viele Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner im Ausland. Für die Par- teien und die Politik sind damit eine Reihe von grundsätzlichen und praktischen Fragen aufgeworfen. So ist es etwa ein demokratietheoreti- sches Defizit, dass ein grosser Anteil der Wohnbevölkerung nicht in die politischen Entscheidungen einbezogen wird.21Während innerhalb der Europäischen Union das Kommunalwahlrecht für EU-Staatsangehörige gilt und auch alle berechtigt sind, an den Wahlen zum europäischen Par- lament teilzunehmen sowie unabhängig vom Wohnort bei europäischen 252Wilfried 
Marxer 20Marxer, Wahlverhalten, S. 278–283. 21Ausführlich Marxer, Partizipation.
	        

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