Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

Es war somit verständlich, dass sich die Augen vieler Liechtensteiner auf das Land auf der anderen Seite des Rheins richteten. Mit der Schweiz hatte das Fürstentum bereits einen Freizügigkeits- und Niederlassungs- vertrag abgeschlossen (1838 resp. 1874). Die Schweiz war wie Liechten- stein neutral und hatte ihre Neutralität im 1. Weltkrieg beibehalten und verteidigen können. Ihre Währung bot besseren Schutz gegen inflatio- näre Tendenzen und war am Ende des Krieges auch in Liechtenstein fak- tisch das massgebende Zahlungsmittel. Schliesslich war die Schweiz auch Absatzgebiet für landwirtschaftliche Erzeugnisse, und viele Liechten- steiner suchten ihr Auskommen ennet des Rheins. Trotzdem war der Entscheid, den Zollvertrag mit Österreich zu kündigen (1919) und Ver- handlungen mit der Schweiz zu suchen, innenpolitisch nicht unumstrit- ten. Die langjährigen Beziehungen mit Österreich-Ungarn hatten ver- ständlicherweise politische, finanzielle und emotionale Bindungen geschaffen. Aber auch auf der anderen Seite des Rheins war die Begeis- terung über das Interesse von Liechtenstein an einem Näherrücken zur Schweiz nicht überall gross. Vor allem gewisse Kreise im schweizeri- schen Rheintal sahen darin eine Bedrohung und teilten diese Bedenken auch den politischen Behörden in Bern mit. Der Bundesrat war jedoch dafür besorgt, dass die ersten Kontakte zwischen Vertretern Liechten- steins und den schweizerischen Behörden konkretisiert und in eine Text- vorlage für ein Abkommen umgearbeitet wurden. Es dauerte dennoch vier Jahre von der ersten Kontaktnahme bis zur Finalisierung des Zoll- vertrags am 29.3.1923, durch den sich das Fürstentum Liechtenstein dem schweizerischen Zollgebiet anschloss. In der Zwischenzeit waren jedoch weitere Schritte unternommen worden, um die beiden Länder miteinan- der zu verknüpfen: ab Oktober 1919 übernahm die Schweiz die diplo- matische und konsularische Wahrung der liechtensteinischen Interessen und ihrer Bewohner im Ausland und ab 1921 die Besorgung der Post-, Telegrafen- und Telefondienste im Fürstentum durch die entsprechen- den schweizerischen Stellen. 1924 führte Liechtenstein autonom den Schweizer Franken als gesetzliche Währung ein, ohne aber grundsätzlich auf das Münzmonopol zu verzichten. Ein Währungsvertrag, der einen einheitlichen Schutz des Schweizer Frankens bezweckte, wurde erst 1980 abgeschlossen. 210Hanspeter Tschäni
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.