Volltext: Ein Bürger im Dienst für Staat und Wirtschaft

eine etwas unkonventionelle Weise anzupacken, indem ich die These aufstelle, (1) dass der Begriff «Kleinstaat» dem Vokabular einer vergan- genen Zeit entstammt und heute weitgehend obsolet geworden ist, dass (2) sog. grosse und sog. kleine Staaten gleicherweise Prinzipien der Legi- timität teilen, die im Zentrum des modernen Völkerrechts stehen, und dass (3) das Selbstbild der Schweiz als Kleinstaat in der heutigen Welt merkwürdig unrealistisch und irreführend geworden 
ist. Veraltete Macht-Korrelationen Die Kategorie des Kleinstaates (bzw. des Kleinst- oder Mikrostaates) existiert weder im Völkerrecht noch in der Wissenschaft der «Interna- tionalen Beziehungen».3Gewiss gibt es den kleinen und sehr kleinen Staat als soziologisches Phänomen. In Europa gehören neben Liechten- stein etwa Monaco, San Marino, Andorra und die Vatikanstadt in diese Gruppe, während Malta, Luxemburg und Island wohl schon nicht mehr dazu zählen. Auch ist weltweit aus dem Prozess der Entkolonisierung eine ganze Reihe kleiner und kleinster Staatsgebilde hervorgegangen. Es geht hier aber vor allem um ein historisch-politisches Sonderphänomen. Im 
Völkerrechtgeniessen alle Staaten – ob gross oder klein – grundsätz- lich den gleichen Status.4Sie wurden auf der Basis der Gleichheit aller Staaten in die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen aufge- nommen. In der Generalversammlung der UNO besitzen alle Staaten eine Stimme. Nur im Sicherheitsrat wurde den fünf «Sieger»mächten des Zweiten Weltkriegs, als besonderes Privileg, für nicht-prozedurale Beschlüsse ein Vetorecht eingeräumt. Staaten gehören unabhängig von ihrer Grösse dem Internationalen Gerichtshof an. Gerade der hohe 136Daniel 
Thürer päischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte (Liechtenstein Politische Schriften, Band 51, Vaduz 2011, mit Beiträgen von Dieter Langewiesche, Thomas Bruha/Emilia Breuss, Ulrich Zelger, Robert Schütze, Oliver Diggelmann, Stefan Oeter, Giovanni Biaggini, Christoph Schönberger und Peter Geiger. 3Zum Ganzen vgl. etwa Thomas D. Grant, Micro States, in: Rüdiger Wolfrum (ed.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. VII, Oxford 2012, S. 133 ff. 4Allein der Vatikan hat die in der Staatlichkeit enthaltenen Möglichkeiten nicht voll ausgelotet, indem er den internationalen Organisationen nicht als Mitglied, sondern höchstens als (ständiger) Beobachter angehört.
	        

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