Wie vorteilhaft und unumgänglich der liechtensteinische Gesetzgeber eine mündliche Berufungsverhandlung angesichts einer vollen Berufung beurteilte, zeigte der neu geschaffene § 449 Abs. 3 FL-ZPO. Letztlich sollte nämlich das prozessleitende Gericht darüber entscheiden, ob in casu wirklich von einer mündlichen Berufungsverhandlung abgegangen würde: c)Prozessökonomische Würdigung Nachdem das erstinstanzliche Urteil zugestellt wurde, hatte die Partei ganze vier Wochen Zeit dafür, sich für den Fall der Einlegung des Rechts- mittels zu überlegen, welche weiteren Tatsachenbehauptungen oder ande- ren Beweisvorbringen sie noch zu ihren Gunsten in der Berufungserklä- rung anbringen könnte.37 Inwiefern ein derartiger Mechanismus allzu sehr zulasten der Prozessökonomie, weil einseitig zugunsten der Gründlich- keit wirkte, fasste Gert Delle-Karth folgendermassen zusammen: «Mit dieser wenngleich eingeschränkten Neuerungserlaubnis im Berufungsverfahren wurde freilich eine
tragende Säule und das augenfälligste Charakteristikum des Rechtsmittelverfahrens nach der österreichischen Z[ivilprozessordnung] beseitigt. Dieses Cha- rakteristikum liegt darin, dass im Berufungsverfahren nicht mehr neuerlich der geltend gemachte Anspruch, sondern nur die Rich- tigkeit der Entscheidung des L[andgerichts] und des ihr vorange- gangenen Verfahrens überprüft wird. Dieser Grundsatz beruht
auf jahrhundertealter Prozesstradition und ist Ausfluss einer
Grund- 492§
11 Weiterentwicklungen 1916 bis 1924 37Delle-Karth,
S.40.§
449 Abs. 3 FL-ZPO (neu) Die Entscheidung über die Berufung erfolgt dann [bei gültigem Verzicht der Parteien, E. S.] in nicht öffentli- cher Sitzung, ohne vorhergehende mündliche Verhandlung.
Das Ge- richt kann jedoch, wenn dies im ein- zelnen Falle erforderlich erscheint, trotzdem eine mündliche Verhand- lung anordnen.