Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

keit und Richtigkeit zulasten der Raschheit geschlagen hatte, legte dem- gegenüber der neue Zivilprozess verstärkt Wert auf die Raschheit: «Die rechtzeitige Erledigung des Prozesses hat den Vorrang vor der absolut sicheren Erforschung der Wahrheit.»157 Allerdings tat er das nicht einsei- tig, denn Klein war bewusst: «Es gibt höhere Interessen, denen sich das Streben nach Minderung des Zeit- und Kostenaufwandes unterordnen muß.»158 Daher stellte die neue Zivilprozessordnung dem Gericht all das zur Verfügung, dessen es unter dem Regime eines prozessökonomischen und namentlich raschen Zivilprozesses für eine zugleich materiell rich- tige Entscheidung bedurfte:159 «Gründlich kann der künftige Prozeß sein, denn es sind [...] der Sachverhaltsermittlung wenige Schranken gesetzt. Diese muß nun keineswegs den Prozeß verzögern. [...] Eben deshalb vereinigt der Prozeßentwurf [...] beides in der Hand desselben Richters: die Sorge für die Fruchtbarkeit der Verhandlung und die Sorge für deren raschen Fortgang. Seine prozeßleitenden Schritte werden stets von beiden Tendenzen erfüllt sein müssen. Die Schnelligkeit aber um den Preis, daß ihretwillen die Berücksichtigung von wich- tigen Tatsachen ausgeschlossen sein soll, für die sich nicht gleich und rasch Beweise dem Richter darreichen lassen, eine so verhäng- nisvolle Raschheit will gewiß niemand.»160 Eine komplett fehlerfreie Justiz war utopisch. Infolge der Beschleuni- gung des Zivilprozesses wie auch aus unzähligen anderen Gründen würde es daher mitunter geschehen, dass ein Sachverhalt nicht genügend erforscht oder seitens des Gerichts anderweitig nicht gründlich genug vorgegangen würde, so dass insofern ein unrichtiges Urteil erginge. Für all diese Fälle und gegen solche Fehler, sollten sie ausnahmsweise bei der Sachverhaltsfeststellung oder der Rechtsanwendung unterlaufen, stan- den den Rechtsuchenden stets die ordentlichen und ausserordentlichen Rechtsmittel zwecks Korrektur zur Verfügung. Darin konnte man dem- nach kein Argument speziell gegen die Raschheit des Zivilprozesses 441 
III. Prozessökonomische Leitgedanken 157Klein, Zivilprozeß, S.268, sinngemäss gleich S.271. 158Klein, Praxis, S.279. 159Klein, Praxis, S.273. 160Klein, Beratungsgesetz, S.54f.
	        

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