Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

«hierüber die ihm nötig scheinenden Anordnungen ohne Aufschub [...] erlassen» (später § 257 Abs. 3 FL-ZPO). Das Gericht konnte unter Umständen sowie im Falle anwaltlicher Vertretung der Parteien sogar einen vorbereitenden Schriftenwechsel anordnen oder «zur Vorberei- tung der mündlichen Streitverhandlung eine Einvernehmung der Par- teien zu gerichtlichem Protokolle» (später § 257 Abs. 4 FL-ZPO) beschliessen, wobei gegen diese Beschlüsse ein Rechtsmittel nicht zuläs- sig war (später § 257 Abs. 5 FL-ZPO). Trotz der zwischen erster Tagsatzung und Tagsatzung zur mündli- chen Verhandlung verstreichenden Zeit von grundsätzlich mindestens vierzehn Tagen (später § 255 Abs. 1 FL-ZPO), die infolge Dringlichkeit aber auch verkürzt werden konnte (später § 255 Abs. 2 FL-ZPO), ent- sprach dieser 
prozessökonomische Gesamtmechanismus sinngemäss demjenigen, den Hämmerle angeregt hatte. Er ermöglichte dem Gericht zumindest, all das zu tun, was Hämmerle vorgeschlagen hatte, wobei aber die Trennung zwischen erster und Tagsatzung zur mündlichen Ver- handlung und der damit verbundene, wohl aber als vernachlässigbar ein- geschätzte Zeitverlust aufrechterhalten blieb. Die legistische Ausar - beitung hatte bedingt, dass der Mechanismus über mehrere Vorschriften verteilt werden musste und nicht kompakt in den (späteren) § 249 FL-ZPO eingehen konnte. Der Klarheit halber war das Gericht im Wortlaut noch ausdrücklich zu prozessökonomischem Vorgehen ange- halten worden (später § 257 Abs. 3 FL-ZPO). Der prozessökonomische Mechanismus in der Formulierung, wie ihn Hämmerle vorgeschlagen hatte, wurde folglich 
nicht in die liechten- steinische Zivilprozessordnung aufgenommen. Weder die Zweitberatung am fürstlichen Appellationsgericht200 noch der Bericht der zweiten Sieb- nerkommission201 scheinen einen solchen Mechanismus für nötig oder zielführend befunden zu haben und hielten ihn nicht als Änderung an den Walker’schen Entwürfen fest. Noch im Jahre 1914 übten die Oberrheinischen Nachrichten in einem polemischen Artikel Kritik an der liechtensteinischen Zivilpro- zessordnung und stützten sich dabei hauptsächlich auf die ihrer Ansicht 401 
IV. Gutachten Hämmerle 1912 200Siehe LI LA RE 1912/114, Protokoll Appellationsgericht, 11. April 1912, S.2f.ex tacendo. 201Siehe LI LA RE 1912/114, Bericht Siebnerkommission, S.3 ex tacendo.
	        

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